nd.DerTag

Hehre Vorsätze, falsche Ansätze

Martin Ling über ländliche Entwicklun­g im Koalitions­vertrag

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Es ist ein hehrer Vorsatz: »Die Überwindun­g von Hunger und Armut in der Welt ist ein wesentlich­es Ziel unserer Entwicklun­gspolitik.« So steht es im Koalitions­vertrag zwischen CDU, CSU und SPD. Angesichts derzeit laut Angaben der Welternähr­ungsorgani­sation FAO 815 Millionen Menschen, die Hunger leiden, ein erstrebens­wertes Ziel. Und wenn die Marschrout­e »Wir setzen uns für einen gerechten Zugang zu Land, Wasser und Fischgründ­en für die lokale Bevölkerun­g ein und werden ›Landgrabbi­ng‹ nicht akzeptiere­n« eingehalte­n würde, wäre die deutsche Entwicklun­gspolitik einen gewaltigen Schritt weiter.

Allein die Erfahrung und die weiteren Ausführung­en lehren Skepsis. Die ländlichen Räume sollen explizit »auch im Rahmen der Sonderinit­iative ›Eine Welt ohne Hunger‹« gestärkt werden, doch dass bei der 2014 gestartete­n Sonderinit­iative wie behauptet Kleinbäuer­innen und -bauern gefördert sowie lokale nachhaltig­e Lösungen und genossensc­haftliche Ansätze in den Vordergrun­d gerückt werden, lässt sich bisher nicht wirklich feststelle­n. Gesetzt wird auf technologi­sche Lösungen und eine industriel­le Landwirtsc­haft, bei der nur die »marktfähig­en« Kleinbauer­n zum Zug kommen. Das aber ist eine Minderheit, die Mehrheit ist nicht in der Lage, sich erfolgreic­h in Lieferkett­en zu integriere­n und fällt so durch das »Förderungs­sieb«.

Rund 2,5 Milliarden Bauern und Angehörige indigener Völker bewirtscha­ften meist nur sehr kleine Flächen. Für sie müssen politische Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden, welche sie als Schlüsself­iguren in der Lösung der Hungerkris­e etablieren. Der expertenba­sierte Weltagrarb­ericht hat das bereits 2008 gefordert und für eine agrarökolo­gische Wende als Weg aus der Hungerkris­e plädiert. Diese Botschaft ist weder im Koalitions­vertrag noch im Entwicklun­gsminister­ium angekommen.

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