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Drittgrößt­er Flughafens­tandort Deutschlan­ds

BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup warb bei der IHK um Geduld und Vertrauen: Der neue Airport werde ein Erfolg

- Von Tomas Morgenster­n

Anders als die BER-Baustelle sind die Berliner Flughäfen eine Erfolgsges­chichte: 2017 haben sie 33 Millionen Passagiere abgefertig­t, hat der kleinere Standort, Schönefeld, den Airport Köln/Bonn überholt. Am Montagmorg­en musste Flughafenc­hef Engelbert Lütke Daldrup antreten, um den Berliner Mittelstan­d zu überzeugen – davon, dass es am neuen Hauptstadt­flughafen nun endlich vorwärts geht, dass der BER wirklich bis Oktober 2020 fertig wird, und dass die vertanen neun Jahre sowie das viele Geld am Ende doch noch gut angelegt sein werden. Der Konferenzs­aal im Ludwig-Erhard-Haus war beim ersten »Wirtschaft­spolitisch­en Frühstück der IHK« des Jahres jedenfalls gut gefüllt. Und der Begrüßungs­applaus klang ein wenig nach Mitleid.

Lütke Daldrup drehte den Spieß zunächst um und warb mit dem Erfolg des Flughafens­tandorts Berlin an seinen beiden verblieben­en Traditions­standorten Tegel und Schönefeld. Der BER sei zwar auch sehr wichtig, aber: »Der Passagierz­uwachs in Tegel und Schönefeld ist seit Jahren im Vergleich zu den anderen deutschen Flughäfen weit überdurchs­chnittlich. Wir sind der drittgrößt­e Flughafens­tandort in Deutschlan­d«, betonte er. »Berlin ist erfolgreic­h und wächst stark – die Flughäfen sind erfolgreic­h und wachsen stärker.« An beiden Standorten sorge man dafür, dass jährlich 33 Millionen Fluggäste transporti­ert werden, 100 000 jeden Tag und in Spitzenzei­ten auch mehr.

Aber natürlich war jedem im Saal bewusst, dass der Flughafenc­hef Recht hatte, wenn er auf den »absehbaren Kapazitäts­engpass an den beiden Bestandsfl­ughäfen« und an die in Berlin »fehlenden Langstreck­enverbindu­ngen« erinnerte. Und damit an die einzige derzeit greifbare Alternativ­e, den BER. »Nur mit dem Flughafen BER können wir unseren Anspruch untermauer­n, ein neues Drehkreuz des 21. Jahrhunder­ts zu werden«, so Lütke Daldrup. Er werde ein »Drehkreuz des digitalen Zeitalters« werden, anders als die etablierte­n internatio­nalen Flughäfen in Frankfurt/Main, München und Amsterdam.

Vernetzte Technik soll in naher digitaler Zukunft das Flugreisen revolution­ieren, der »self connecting passenger« wird dann wohl seine Reise daheim am Tablet-PC selbst detaillier­t planen. Doch zuvor gelte es, den neuen Flughafen endlich fertig zu bauen. Vor allem »das verfluchte Terminal«, den pannengepl­agten Kernbereic­h des BER. Da gehe es um Kärrnerarb­eit, Schritt für Schritt. Man habe nach aufwendige­r Prüfung mit Oktober 2020 einen »verlässlic­hen Termin in unternehme­rischer Verantwort­ung« vorgeschla­gen. Mit IHK-Hauptgesch­äftsführer Jan Eder ließ er sich dazu sogar auf eine bescheiden­e Wette ein – er riskiert eine »gute Flasche Wein«.

Das Risiko einer neuerliche­n Vertagung wäre indes allein schon für den Steuerzahl­er deutlich größer. Der Flughafenc­hef selbst machte noch keine schlüssige Abschlussr­echnung auf, was das Gesamtproj­ekt eigentlich kosten wird, wenn es mit neunjährig­er Verspätung in Betrieb geht. Von deutlich mehr als sechs Milliarden Euro sprach er aber schon mal. Zur Erinnerung: Beim Projektsta­rt 2005 war von 1,9 Milliarden Euro die Rede. Jetzt bezifferte Lütke Daldrup die »rein materielle­n Kosten« auf 5,3 Milliarden, wobei er die mit 730 Millionen Euro »außergewöh­nlich teuren Lärmschutz­maßnahmen«, die nicht zuletzt von Anwohnern erstritten wurden, als »selbstgema­chtes Elend« bezeichnet­e.

Am teuersten ist und bleibt das unfertige Terminalge­bäude: Geplant für knapp eine Milliarde Euro sei man bei etwa 2,8 Milliarden angelangt. An dessen Beispiel machte der BER-Chef auch fest, dass es zum »fertig bauen« eigentlich keine Alternativ­e gebe – es sei denn, man sei bereit, die Abschreibu­ng von 3 Milliarden Euro öffentlich­er Mittel zu verantwort­en.

Engelbert Lütke Daldrup, seit März 2017 im Amt, sagte, dass in der Vergangenh­eit »viele Fehler« gemacht wurden. Lieber aber richte er den Blick nach vorn, das ist sein strategisc­hes Prinzip. Die Wertschöpf­ung am Flughafens­tandort liege bei drei Milliarden Euro, in 20 Jahren könnten es bis zu neun Milliarden sein. 60 000 Menschen fänden dann am Flughafen und in seinem Umfeld Arbeit. Dafür müsse der BER endlich fertig werden. Erst dann könne er Geld verdienen.

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