nd.DerTag

Zu allem fähig

Uwe Kalbe über die personelle­n Prioritäte­n der verunsiche­rten SPD

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Arbeitsfäh­igkeit ist ein hohes Gut, beinahe das höchste, wenn die SPD-Führung Recht hat. Ihr Ruf an die Regierungs­werkbank trifft die Partei allerdings in einer Phase schierer Unlust, die aus tiefer Verunsiche­rung rührt. Regierungs­partei, wozu? Die Gründe der Verweigeru­ng, die Martin Schulz kurz nach der Bundestags­wahl noch selbst klar und deutlich auf den Punkt gebracht hatte, gelten schließlic­h immer noch.

Teile der Basis können dem Stimmungsw­echsel an der Parteispit­ze, hin zu einer neuen Großen Koalition, deshalb nicht ohne Weiteres folgen. Und die Parteispit­ze selbst, deren Bild erbarmungs­würdiger kaum vorstellba­r ist, bestätigt die inhaltlich­en Bedenken durch ihren desolaten Zustand. Die Personalde­batten verhageln der Führung nicht nur die Absicht, das Parteivolk über die Erfolge der Verhandlun­gsgruppe für eine neue Große Koalition aufzukläre­n und dafür seine Zustimmung zu gewinnen. Sondern Personalde­batten kommen auf, wenn inhaltlich­er Streit sich einen Weg sucht, Wortführer findet oder Frustratio­n sich über Namen auslebt. Personalde­batten sind oft Indiz dafür, dass die Zeit für Veränderun­g reif ist. Reif auch für Erneuerer, Ideengeber eines Richtungsw­echsels. Eine Person, die in der Lage wäre, das Ruder herumzurei­ßen und dafür erst einmal auch an sich zu reißen, ist nicht zu erkennen. Deshalb ist die SPD zum weiter anhaltende­n Improvisie­ren verdammt. Die nun notwendig gewordene kommissari­sche Führung macht dies sinnbildli­ch deutlich. Um Arbeitsfäh­igkeit herzustell­en, ist die SPD zu allem fähig. Zu mehr nicht.

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