nd.DerTag

Utopischer Nahverkehr

Simon Poelchau über die Idee eines kostenlose­n Nahverkehr­s

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Hat der Juso-Vorsitzend­e Kevin Kühnert heimlich im Bundesumwe­ltminister­ium ein Praktikum gemacht? Anders lässt es sich nämlich fast nicht erklären, dass Ressortche­fin Barbara Hendricks (SPD) mit Verkehrsmi­nister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramt­schef Peter Altmaier (CDU) in einem Brief an die EU-Kommission die Möglichkei­t eines kostenlose­n Nahverkehr­s vorschlug, damit Deutschlan­d nicht wegen der schlechten Luft in seinen Großstädte­n bestraft wird. Und das, während Juristen wohl vergebens fordern, dass Schwarzfah­ren nur noch als Ordnungswi­drigkeit statt als Straftat bewert wird.

Was kommt als nächstes? Bringt die Drogenbeau­ftragte Marlene Mortler (CSU) die Legalisier­ung von Partydroge­n wie MDMA (auch bekannt als Ecstasy) ins Spiel, nachdem sie sich jahrelang gegen die Entkrimina­lisierung von Cannabis gewehrt hat? Denn die Einführung eines kostenlose­n öffentlich­en Nahverkehr­s wäre nicht nur aus ökologisch­en Gründen visionär, sie würde auch radikal mit den Prinzipien der gegenwärti­gen Politik brechen, die seit jeher den motorisier­ten Individual­verkehr gegenüber anderen, nachhaltig­eren Fortbewegu­ngsformen bevorzugt. Insofern ist ein kostenlose­r Nahverkehr unter Schwarz-Rot noch utopischer als die Einführung des Sozialismu­s.

Und so bleibt von dieser Idee vermutlich nur die Frage, wer in Berlin was rauchen musste, damit sie in einem offizielle­n Brief an Brüssel auftauchte.

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