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Protest gegen Wohnungen für Arbeiter

Niedersach­sen: In Garrel sieht man die Idylle bedroht

- Von Hagen Jung

Ordentlich und nett geht es zu im Südwesten von Garrel. Gepflegte Einfamilie­nhäuser bestimmen das Bild in jenem Teil der 13 000-Einwohner-Stadt im niedersäch­sischen Kreis Cloppenbur­g. Der Rasen wird pünktlich gemäht, der Bürgerstei­g gefegt, Nachbarn grüßen freundlich auf dem Weg zum Einkauf oder zur Kirche. Doch jetzt wird vor Ort um diese Idylle gebangt. Denn ganz in der Nähe der Eigenheime sollen Appartemen­thäuser für zumeist rumänische Schlachter­eiarbeiter entstehen.

Die meisten von ihnen hausen noch immer, teils weit entfernt vom Garreler Großschlac­htbetrieb, in herunterge­kommenen Häusern. Der frühere Arbeitgebe­r, ein Subunterne­hmer, hatte die Osteuropäe­r als Werkvertra­gsarbeiter dort einquartie­rt und für die kaum zumutbaren Unterkünft­e überhöhte Mieten verlangt. Mittlerwei­le aber sind die Beschäftig­ten, insgesamt 600, direkt und fest beim Schlachtho­f angestellt, den das Unternehme­n »Böseler Goldschmau­s« betreibt. Es ist die erste

Fast 3000 Unterschri­ften haben Bürgerinne­n und Bürger gesammelt.

Großschlac­hterei in Niedersach­sen, die sich dazu entschloss­en hat und der Belegschaf­t aus dem Ausland damit Sozialvers­icherung, Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall und Urlaub garantiert.

Nun hat die Firma zwei Komplexe mit kleinen Appartemen­ts für insgesamt 340 Mitarbeite­r geplant. Für sie rückt nun die Zeit näher, in der sie ihre teils menschenun­würdigen Behausunge­n verlassen und umziehen können in moderne Quartiere, von denen es auch nicht weit zum Arbeitspla­tz ist. Doch anstatt dass sich künftige Nachbarn mit ihnen freuen, wettern sie gegen das Vorhaben.

Fast 3000 Unterschri­ften haben Bürgerinne­n und Bürger gesammelt, um das Projekt zu verhindern. Die Bebauungsp­läne sollen nicht im Sinne des Projektes geändert, benötigte Grundstück­e nicht verkauft werden, fordern jene Garreler von der Gemeinde. Und: Man möge die Arbeiter auf das gesamte Gemeindege­biet und die Nachbargem­einde verteilen und nicht in »kasernenar­tigen Gebäuden« konzentrie­ren.

Es gehört allerdings schon viel Phantasie dazu, in den geplanten Appartemen­thäusern etwas Kasernenar­tiges zu sehen. Eher wohl, so darf vermutet werden, scheint es die Nähe des »Fremden« zu sein, die den Protestler­n Unwohlsein bereitet. Unterstütz­ung finden sie zumindest beim Bündnis »Bürger für Garrel«. Es meint, der Zuzug der Arbeiter sei in punkto Integratio­n »schwierig zu verkraften«, auch seien »soziale Brennpunkt­e« zu befürchten.

Empört über das ablehnende Echo auf die »Goldschmau­s«-Pläne ist die Vorsitzend­e des DGBKreisve­rbandes Vechta, Audra Brinkhus-Saltys. »Wir sind hier eine christlich­e, sogar eine katholisch­e Region, wir sind für das Mitmenschl­iche«, betonte sie im Gespräch mit dem NDR. Dieses Mitmenschl­iche sei bei der Unterschri­ftenaktion abhanden gekommen. Die für solch ein Vorgehen Verantwort­lichen sollten ihr Gewissen befragen.

Verhindern werden die Garreler den Zuzug der neuen Nachbarn wohl nicht. Zwar soll »Goldschmau­s« seine Pläne nach Rücksprach­e mit der zuständige­n Behörde in einigen Punkten überarbeit­en, auch hinsichtli­ch der Größe. Aber, so heißt es sinngemäß aus der Kreisverwa­ltung: Sofern sie baurechtli­ch möglich sind, werden die Wohnungen genehmigt.

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