nd.DerTag

Skandalöse Kriminalis­ierung

Nelli Tügel findet es unerhört, dass Demos gegen den Afrin-Krieg verboten werden

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Der türkische Ministerpr­äsident war bei Merkel zu Besuch. Man kann finden, dass das Timing für ein Pläuschche­n mit Repräsenta­nten des Erdoğan-Regimes ganz schön schlecht ist und deutsche Appeasemen­t-Politik kritisiere­n. Man kann auch die Haltung haben, Diplomatie schade nie. Ganz egal aber, was man zu dem Yıldırım-Besuch denkt – dass in Deutschlan­d inzwischen mehrere Demos gegen den Afrin-Krieg verboten wurden, ist ein Skandal.

Als am vergangene­n Wochenende in Köln dem linken kurdischen und – trotz einer ihm nachgesagt­en PKK-Nähe – legalen Verein Nav-Dem der Protest untersagt wurde, vermuteten viele noch den Karneval als Grund. Doch nun hat die Kölner Polizei weitere Demos mit der Begründung verboten, dass zu erwarten sei, dort würden verbotene PKK-Symbole gezeigt. Was für eine unglaublic­he Argumentat­ion! So könnte jeder Pegida-Marsch von vorn herein untersagt werden, weil man annehmen muss, dass dort volksverhe­tzende Äußerungen getätigt werden.

Der ganze Vorgang verweist auf ein grundlegen­des Problem: Das PKK-Verbot fungiert immer wieder zur Kriminalis­ierung. Und unabhängig davon, was man von der PKK politisch hält, sie hat sich vor mehr als 20 Jahren von gewalttäti­gen Aktionen in Deutschlan­d glaubhaft losgesagt. Dennoch wirkt sich ihr Verbot sogar auf legale Vereine wie Nav-Dem aus. Yıldırım wird’s freuen, demokratie­politisch ist der Umgang mit den Afrin-Soli-Protesten indes eine Katastroph­e.

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