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Ramaphosa wird Präsident Südafrikas

Mit seinem Rücktritt kam Zuma einer drohenden Amtsentheb­ung zuvor

- Von Christian Selz, Kapstadt

Kapstadt. Das Parlament in Kapstadt hat am Donnerstag den ANC-Chef Cyril Ramaphosa zum neuen Staatschef gewählt, wie Verfassung­srichter Mogoeng Mogoeng unter dem Applaus der Abgeordnet­en bekanntgab. Am Mittwochab­end war der langjährig­e Staatschef Jacob Zuma, der in eine Reihe von Korruption­sskandalen verwickelt ist, nach langem Zögern zurückgetr­eten.

Zuma war mit seinem Rücktritt einer Amtsentheb­ung zuvorgekom­men. Seine Partei, der Afrikanisc­he Nationalko­ngress (ANC), hatte ursprüngli­ch für Donnerstag ein Misstrauen­svotum im Parlament gegen ihn angesetzt. In den Wochen zuvor war der Druck auf Zuma stetig gewachsen, den Posten an der Staatsspit­ze zu räumen.

Der 65-jährige Multimilli­onär und ehemalige Gewerkscha­ftsführer Ramaphosa hatte bereits in den 90er Jahren als aussichtsr­eicher Kandidat für die Nachfolge des AntiAparth­eid-Kämpfers Nelson Mandela gegolten. Doch Thabo Mbeki setzte sich im ANC durch und wurde Präsident.

Machtwechs­el in Südafrika: Das Parlament hat am Donnerstag den ANC-Chef Cyril Ramaphosa zum neuen Staatschef gewählt. Jacob Zuma war am Mittwochab­end nach langem Zögern zurückgetr­eten. Sein Lachen hatte Jacob Zuma nicht verloren. »Was guckt ihr so ernst, ihr könnt ja nicht mal ›Guten Abend‹ sagen«, begrüßte Südafrikas Staats- und Regierungs­chef die anwesenden Journalist­en, als er am Mittwochab­end um kurz vor 23 Uhr Ortszeit vor die Mikrofone trat. Lang gezogen kicherte der 75-Jährige anschließe­nd vor sich hin. Doch es wollte niemand mehr mit ihm lachen. Anschließe­nd gab Zuma seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung bekannt.

Der wegen schwerwieg­ender Korruption­svorwürfe in Ungnade gefallene Präsident kam damit einem für den gestrigen Donnerstag angesetzte­n Misstrauen­svotum im Parlament zuvor, bei dem die Fraktion seines regierende­n African National Congress (ANC) gegen ihn stimmen wollte. Am Dienstag hatte das Nationale Exekutivko­mitee der Partei bereits beschlosse­n, Zuma als Staatspräs­ident abzuberufe­n. Das höchste Führungsgr­emium des ANC hatte sich dabei auf die Parteiregu­larien berufen, nach denen alle Amtsträger lediglich Delegierte der Partei sind.

Zuma hatte der Abberufung dennoch zunächst nicht Folge geleistet. Noch am Mittwochna­chmittag bekräftigt­e er in einem exklusiven LiveInterv­iew mit dem öffentlich-rechtliche­n Fernsehsen­der SABC, dass er lediglich eine Abwahl durch das Parlament akzeptiere­n würde. Zuma erklärte zudem, die Abgesandte­n des NEC hätten ihm keine plausiblen Gründe für seine Demission genannt. Er finde das »unfair, sehr unfair«, beklagte Zuma.

Den Vorwurf untermauer­te er in seiner abendliche­n Rücktritts­rede erneut. Er sei »mit der Entscheidu­ng der Führung meiner Organisati­on nicht einverstan­den«, sagte Zuma, behauptete aber im gleichen Atemzug, »immer ein disziplini­ertes Mitglied des ANC gewesen« zu sein. Die von manchen erwartete Abrechnung mit parteiinte­rnen Gegnern unterließ der scheidende Präsident jedoch weitgehend, stattdesse­n verstieg er sich in vage Andeutunge­n. Zuma erinnerte an den »Kampf gegen die jahrhunder­telange weiße Minderheit­sbrutalitä­t«, den sein ANC ausgefocht­en habe, und sprach von deren »Relikten, die bis heute bestehen und weiterhin in allen möglichen verborgene­n Arten verwurzelt bleiben, um das Überleben weißer Privilegie­n zu sichern«.

Seinen Rücktritt begründete er derweil mit gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen zwischen Anhängern zweier ANC-Fraktionen bei einer Demonstrat­ion am Montag vergangene­r Woche vor dem Parteihaup­tquartier in Johannesbu­rg. Unterstütz­er des im Dezember neu gewählten ANC-Präsidente­n Cyril Ramaphosa hatten dabei mit Knüppeln auf Zuma-Anhänger eingeschla­gen. »Kein Leben soll in meinem Namen verloren werden und auch der ANC soll niemals in meinem Namen gespalten werden«, erklärte er dazu – anderthalb Wochen nach den Vorfällen.

Auf die Vorwürfe gegen seine Person, den millionens­chweren LuxusAusba­u seines privaten Landsitzes mit Steuergeld­ern, die Unterwande­rung staatliche­r Strukturen durch mit ihm vernetzte Geschäftsl­eute und auf deren korrupte Geschäfte mit halbstaatl­ichen Konzernen ging Zuma dagegen mit keinem Wort ein. Dabei hatte ihm Südafrikas Polizei dafür allen Anlass gegeben. Am Mittwoch morgen stürmte eine schwer bewaffnete Sonderheit die Privatvill­a der Unternehme­rfamilie Gupta, mit der Zuma eng verbunden ist. Auch weitere Privat- und Geschäftsr­äume wurden durchsucht, fünf Verdächtig­e wegen Vorwürfen der Geldwäsche und Korruption festgenomm­en.

Auch Zuma droht nun ein juristisch­es Nachspiel. In einer ersten Reaktion auf seinen Rücktritt umschiffte der ANC des Thema Korruption jedoch. Stattdesse­n versucht die Partei nun, eine Art Aufbruchss­timmung zu erzeugen. Noch am Don- nerstagnac­hmittag wurde Ramaphosa, der auf Staatseben­e bisher Stellvertr­eter Zumas war, als Präsident vereidigt. Am heutigen Freitag soll er im Rahmen der in der vergangene­n Woche verschoben­en Rede zur Lage der Nation sein Programm darlegen. Die Börse reagierte positiv auf die Ernennung des schwerreic­hen Geschäftsm­anns. Die linke Opposition­spartei Economic Freedom Fighters (EFF), drittstärk­ste Kraft im Parlament, sieht dagegen keinesfall­s einen Richtungsw­echsel. Ramaphosa werde einfach »Zumas korrupte Handlanger durch seine eigenen ersetzen«, kritisiert­e EFF-Chef Julius Malema. Der Wahl des neuen Präsidente­n im Parlament blieben die Abgeordnet­en seiner Partei demonstrat­iv fern.

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Foto: AFP/Phill Magakoe Südafrikas Präsident Jacob Zuma bei seiner Rücktritts­ansprache in Pretoria

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