Ende der EU-Erweiterungseuphorie
Aert van Riel über den Besuch von Sigmar Gabriel in Südosteuropa
Sigmar Gabriel hat bei seinem Besuch auf dem Westbalkan keine großen Weisheiten von sich gegeben. Es ist allgemein bekannt, dass die organisierte Kriminalität in Kosovo stärker bekämpft werden muss. Doch so einfach ist dies nicht zu bewerkstelligen. Denn es gibt viele Verflechtungen. Selbst der Regierungschef und frühere UCK-Kämpfer Ramush Haradinaj wurde vom BND verdächtigt, mit der Mafia zu paktieren. Das erwähnte Gabriel nicht. Vielmehr versprach der Bundesaußenminister dem kosovarischen Premier, dass ein Beitritt zur EU »noch ein paar Jahre brauchen« werde. Die Bundesrepublik verfolgt in Kosovo sowie in Serbien, Mazedonien, Montenegro und Bosnien, die ebenfalls irgendwann zur EU gehören sollen, vor allem strategische Interessen. Sie will dort den Einfluss von China und Russland zurückdrängen. Da drückt man bei Gesprächen mit dubiosen Politikern wie Haradinaj auch mal ein Auge zu.
Die EU-Südosterweiterung ist kein Selbstläufer. Das liegt unter anderem daran, dass dort nicht wenige Menschen skeptisch gegenüber der EU und Deutschland sind. Dafür gibt es historische Gründe. Mit ihrer Förderung von Separatisten im früheren Jugoslawien hatte die Bundesrepublik einen Anteil an Bürgerkrieg und Spaltung. Dass die Länder bald im Rahmen der EU wieder friedlich miteinander kooperieren, ist nicht absehbar.