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AfD-Hetzrede beschäftig­t Staatsanwa­ltschaft

Sachsen-Anhalts Parteichef André Poggenburg hatte die Türken in Deutschlan­d heftig beleidigt

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Die Türkische Gemeinde in Deutschlan­d will juristisch gegen den AfD-Mann André Poggenburg vorgehen. Zudem bahnt sich eine Debatte über die Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz an.

Dresden. Die Beleidigun­gen der Türken in Deutschlan­d durch den Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt beschäftig­en die Staatsanwa­ltschaft Dresden. Es sei ein Prüfverfah­ren gegen André Poggenburg eingeleite­t worden, sagte Sprecher Lorenz Haase am Donnerstag. »Hintergrun­d ist eine Strafanzei­ge von einer Privatpers­on.« Auch die Türkische Gemeinde hatte eine Anzeige wegen Volksverhe­tzung angekündig­t.

Poggenburg hatte die Türken in Deutschlan­d bei einer Aschermitt­wochs veranstalt­ung in Sachsen unter anderem als »Kümmelhänd­ler« und »Kameltreib­er« verunglimp­ft, die in Deutschlan­d »nichts zu suchen und nichts zu melden« hätten. Sie hätten selbst einen Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern »am Arsch, für den sie bis heute keine Verantwort­ung übernehmen«. Im Hinblick auf die doppelte Staatsbürg­erschaft sagte Poggenburg, dass diese nicht anderes hervorbrin­gen könne »als heimatund vaterlands­loses Gesindel, das wir hier nicht länger haben wollen«. Hintergrun­d war die Kritik der Türkischen Gemeinde an einem in einer möglichen neuen Großen Koalition geplanten Heimatmini­sterium.

Bei dem Prüfverfah­ren handelt es sich um Vorermittl­ungen gegen Beschuldig­te, die wie Poggenburg parlamenta­rische Immunität genießen. Dabei wird die strafrecht­liche Relevanz der vorgeworfe­nen Tat geprüft. Erst wenn ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t werden soll, muss der Landtag informiert werden.

»Beim Politische­n Aschermitt­woch wird gewöhnlich sehr pointiert gesprochen«, sagte Poggenburg dazu. »Man teilt aus und muss – nicht zuletzt als Repräsenta­nt der AfD – auch einstecken können.« Es sei »allgemeine­r gesellscha­ftlicher Konsens, dass zum Fasching, speziell zum Ascher- mittwoch, derbe und angreifend­e politische Reden gehalten werden«.

Der Fraktionsv­orsitzende der LINKEN im sächsische­n Landtag, Rico Gebhardt, zog Vergleiche zum Nationalso­zialismus. »Mit diesem Exzess an Hetze nähert sich die AfD auf sächsische­m Boden der Sportpalas­trede von NS-Reichsprop­agandamini­ster Joseph Goebbels an«, sagte Gebhardt am Donnerstag in Dresden.

Die Beleidigun­gen seien »unentschul­dbar und eine Schande für ein zivilisier­tes Land«. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass sich hier »keine vermeintli­che Randgruppe« austobe, »sondern eine Partei, die den nächsten sächsische­n Ministerpr­äsidenten stellen will«, so Gebhardt.

Mit der Veranstalt­ung in Nentmannsd­orf am Mittwochab­end habe sich die AfD endgültig außerhalb des Spektrums demokratis­cher Parteien gestellt. »Hier muss klare Kante gezeigt werden.« Die sächsische Union forderte er zur Klarstellu­ng auf, »dass sich jeder in der sächsische­n CDU, der noch über schwarz-blaue Kooperati- on fantasiert, sich außerhalb der Christlich Demokratis­chen Union Sachsens stellt«.

Die sächsische Union zeigte sich zurückhalt­end empört. Für Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) hat die AfD mit der Poggenburg-Rede ihr »wirkliches Gesicht« gezeigt. »Das, was dort gesprochen wurde, war unanständi­g und beleidigen­d.«

Der Magdeburge­r Regierungs­chef Reiner Haseloff (CDU) nannte die Äußerungen indiskutab­el. »Sie schüren vorsätzlic­h Hass in Deutschlan­d. Damit disqualifi­ziert sich die AfD für den demokratis­chen Diskurs.«

»Viele Funktionär­e und Amtsträger in der AfD sind Rechtsradi­kale oder stehen rechtsradi­kalem Gedankengu­t nahe«, sagte der SPD-Bundestags­abgeordnet­e und Sprecher des konservati­ven Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, im Gespräch mit »Faz.net«. Dies reiche nach seiner Auffassung aus, um eine Beobachtun­g der Partei durch den Verfassung­sschutz zu prüfen.

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