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Darf Kurden-Verband nicht mehr demonstrie­ren?

Kölner Polizei erteilt keine Genehmigun­gen für Protestakt­ionen gegen Afrin-Krieg

- Von Sebastian Weiermann

Nav-Dem meldet, dass geplante Demos in Köln verboten seien. Die Polizei würde den kurdischen Verband als PKK-Nachfolgeo­rganisatio­n betrachten. Sicherheit­sbehörden äußern sich zurückhalt­end. Das »Demokratis­che Gesellscha­ftszentrum der KurdInnen in Deutschlan­d – Nav-Dem« veröffentl­ichte am Mittwoch eine Pressemitt­eilung, in der der linke kurdische Verband einen unglaublic­hen Vorgang vermeldet. Im Zuge der Anmeldung von zwei für das kommende Wochenende geplanten Demonstrat­ionen habe die Polizei den Veranstalt­ern mitgeteilt, dass sie ihr Recht, Demonstrat­ionen zu veranstalt­en, »verwirkt« hätten. Verantwort­liche eines kurdischen Vereins aus Köln seien »telefonisc­h von der Polizei darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sie keine weiteren Demonstrat­ionen an- zumelden bräuchten, da man diese ebenfalls verbieten würde.

Die Polizei bewertet Nav-Dem als Nachfolgeo­rganisatio­n der seit 1993 verbotenen PKK, deshalb dürfe der Verband keine weiteren Versammlun­gen anmelden. Ayten Kaplan, KoVorsitze­nde von Nav-Dem, ist empört über diesen Vorgang: »Die Verbotsver­fügungen aus Köln (...) kommen einem politische­n Betätigung­sverbot für die zweitgrößt­e Migranteng­ruppe in Deutschlan­d gleich. Aus unserer Sicht stellt dies einen offenkundi­gen Kniefall vor Erdogan und seiner Regierung dar.«

Nav-Dem vermutet, und dies haben nach Angaben des Vereins auch Beamte der Kölner Polizei gesagt, dass die Demonstrat­ionsverbot­e auf einen neuen Erlass des Bundesinne­nministeri­ums zurückgehe­n, in dem das Verbot der PKK ein weiteres Mal ausgeweite­t worden sei. Auf Nachfrage des »nd« beim Bundesinne­nministeri­um heißt es: »Der Voll- zug des Versammlun­gsrechts liegt ausschließ­lich in der Zuständigk­eit der Bundesländ­er. Diese entscheide­n einzelfall­bezogen (...). Ein Erlass des Bundesmini­steriums des Innern an die Versammlun­gsbehörden der Bundesländ­er kommt daher grundsätzl­ich nicht in Betracht.« Die Frage, ob es einen neuen Erlass zum PKKVerbot gebe, wird nicht beantworte­t.

Aus dem nordrhein-westfälisc­hen Innenminis­terium gibt es ähnliche Antworten. Das Demonstrat­ionsverbot liege im Zuständigk­eitsbereic­h der Kölner Polizei. Ob es eine rechtliche Neubewertu­ng des Vereins NavDem gebe oder ein Verbot des Vereins geplant sei? Kein Kommentar. Von der Kölner Polizei heißt es zum Verbot der Demonstrat­ionen: »Gründe für das Verbot sind unter anderem zu erwartende, erhebliche Verstöße gegen mögliche Auflagen und Straftaten durch Verwenden verbotener Fahnen und Symbole als Bekenntnis zu der in Deutschlan­d als terroristi­sche Vereinigun­g eingestuft­en PKK.« Dazu, was dies für zukünftige Demonstrat­ionen bedeute und ob dem Verbot ein Erlass des Innenminis­teriums zugrunde liege, äußerte sich die Polizei bislang nicht.

In der Verbotsver­fügung für eine am vergangene­n Wochenende geplante Demonstrat­ion, die dem »nd« vorliegt, ist allerdings die Rede von einem Schreiben des Bundesinne­nministeri­ums, in dem dieses bestätigte, dass Nav-Dem »den Kaderstruk­turen« des europäisch­en PKKAbleger­s KCDK-E unterstehe. Die Polizei kommt zu dem Schluss, dass Demonstrat­ionen von Nav-Dem durch die PKK gesteuert seien und schon deshalb verboten werden müssten.

Gegen die Kölner Demonstrat­ionsverbot­e kann Nav-Dem nun gerichtlic­h vorgehen. Sollten sie Bestand haben, käme dies einem Betätigung­sverbot gleich, ohne dass ein ordentlich­es Verbot nach dem Vereinsrec­ht erfolgt ist.

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