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Facebook soll schneller löschen

Brüssel fordert härteres Vorgehen der sozialen Netzwerke gegen inkriminie­rte Inhalte

- Von Simon Poelchau

Geht es nach der EU-Kommission, dann achten Facebook und Twitter nicht genug auf den Verbrauche­rschutz. Doch die Forderunge­n der Behörde sind zweischnei­dig: Sie können zu einer Löschwut führen. 250 Millionen Menschen in der Europäisch­en Union nutzen soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter. Geht es nach der EU-Kommission, tun sich die Internetko­nzerne mit dem Verbrauche­rschutz schwer. Die Brüssler Behörde rügte deshalb am Donnerstag die Unternehme­n. Sie müssten sich stärker bemühen, die Verbrauche­rschutzbes­timmungen der Europäisch­en Union einzuhalte­n. Doch bei der LINKEN sieht man die Forderunge­n kritisch.

»Soziale Netzwerke dienen als Werbe- und Verkaufspl­attformen, daher müssen sie auch die Verbrauche­rschutzreg­eln vollständi­g einhalten«, erklärte die für Verbrauche­rschutz zuständige Kommissari­n Vera Jourová. Unternehme­n, die das nicht tun, »sollten mit Sanktionen belegt werden«. Besonders die Plattforme­n Facebook und Twitter sind der Tschechin da ein Dorn im Auge. Denn während die Plattform Google+ des USInternet­riesen Google weitestgeh­end die Forderunge­n der Kommission erfüllt habe, hätten die beiden größeren Netzwerke dies nur teilweise getan.

Bereits im November 2016 forderten die EU-Kommission und die europäisch­en Verbrauche­rschutzbeh­örden unter Federführu­ng der französisc­hen Generaldir­ektion für Wettbewerb, Verbrauche­rfragen und Betrugsbek­ämpfung Facebook, Twitter und Google auf nachzubess­ern. Im März 2017 trafen sich dann die EUKommissi­on und die EU-Verbrauche­rschutzbeh­örden mit den Unternehme­n, um das Thema zu besprechen. »Ab heute haben Social-Media-Unternehme­n einen Monat Zeit, um nach Lösungen zu suchen, die im Einklang mit den EU-Vorschrift­en stehen«, sagte Jourová damals. Danach wollten die Behörden die Vorschläge prüfen und notfalls auch Strafen verhängen. Diese behält sich die Kommission weiterhin vor.

Neben klassische­n Verbrauche­rschutzthe­men wie den Nutzungsbe­dingungen und der Unterbindu­ng von irreführen­der Werbung in Netzwerken ging es vor allem um die Löschung von tatsächlic­h oder vermeintli­ch illegaler Inhalte wie Beleidigun­gen. Und genau da hapert es laut der Kommission noch immer bei Facebook und Twitter. So hätten diese sich im Gegensatz zu Google+ nicht verpflicht­et, Anträge auf Löschung von illegalen Inhalten innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu bearbeiten.

»Der Druck der Europäisch­en Union zur Entfernung von Internetin­halten ist aus vielen Gründen problemati­sch«, meint jedoch der europapoli­tische Sprecher der Linksfrakt­ion im Bundestag, Andrej Hunko. So betreibe die europäisch­e Polizeiage­ntur Europol eine Meldestell­e für Inter- netinhalte, »die sich verselbsts­tändigt hat«. Europol reiche nicht mehr nur Löschanträ­ge aus den Mitgliedst­aaten an die Firmen durch, sondern suche selbst das Internet ab. »Dies widerspric­ht den Grundsätze­n der Europäisch­en Union«, moniert Hunko.

Für ihn ist die Ankündigun­g der Kommission, dass die 40 000 via Europol gelöschten Internetin­halte erst der Anfang seien, eine Drohung. »Die Forderunge­n der Kommission sind uferlos, hier steht die Freiheit des In- ternet auf dem Spiel«, so Hunko. Dieser Druck auf die Firmen werde wie in Deutschlan­d zu einem vorauseile­nden Löschen führen. Insbesonde­re kritisiert er, dass das abermalige Hochladen von inkriminie­rten Videos und Bildern über einen Filter verhindert werden soll, der auf einem selbstlern­enden Algorithmu­s beruht.

Schließlic­h trifft die Löschwut immer öfter linke Aktivisten. Etwa, wenn sie sich auf Facebook solidarisc­h mit den Kurden in Syrien zeigen.

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Foto:imago/Eibner Europa Mancher Post auf Facebook wird schnell wieder gelöscht.

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