nd.DerTag

Milchbauer­n bleiben ohne Weideprämi­e

Niedersach­sen: Ministerin kassiert frühere Ansagen

- Von Hagen Jung

Unter strahlend blauem Himmel eine hügelige Landschaft voller grüner Wiesen, auf ihnen schwarzbun­te Kühe, die das saftige Gras genießen: Solch hübsche Bilder auf Milchtüten »dürfen nicht zum Etikettens­chwindel und grasende Kühe nicht zum Auslaufmod­ell werden«, hatte Niedersach­sens früherer Agrarminis­ter Christian Meyer (Grüne) 2014 gemahnt, als er sein Weidemilch­programm präsentier­te. »Raus aus dem Stall, mehr auf die Wiese« müsse das Motto sein.

Milchbauer­n, die ihm folgen, versprach Meyer finanziell­e Unterstütz­ung. Landwirte in benachteil­igten Gebieten sollten nach wie vor eine »Grünlandpr­ämie« bekommen. Als Ausgleich dafür, dass sie die Flächen nicht zum Getreide- oder Maisacker umwandeln, mit dem sie mehr Geld verdienen könnten. Später dann, 2017, verhieß der Minister den Milchviehh­altern eine Weideprämi­e.

Doch die rot-grünen Zeiten in Niedersach­sen sind vorüber. Eine SPD/CDU Koalition regiert, Agrarminis­terin ist die CDU-Politikeri­n und Landwirtin Barbara Otte-Kinast. Bei vielen Milchprodu­zenten unter ihren Berufskoll­egen hat sie sich inzwischen denkbar unbeliebt gemacht. Zuerst strich sie die Grünlandpr­ämie und verteidigt­e dies mit dem Hinweis: Laut EURichtlin­ien sei mit der Förderung »eine Verpflicht­ung zur Weidehaltu­ng nicht verbunden«. Somit profitiert­en von diesem Geld laut Otte-Kinast auch Bauern, die ihre Tiere nicht auf die Weide ließen.

Diejenigen aber, die ihren Kühen den Gang aufs Gras gestatten, hatten nun gehofft, 2018 erstmals die von Minister Meyer seinerzeit versproche­ne Weideprämi­e zu bekommen. Pro Kuh 60 Euro, pro Schaf und Ziege je 20 Euro sollte es jährlich geben. Doch Otte-Kinast denkt gar nicht daran, das Verspreche­n ihres grünen Amtsvorgän­gers einzulösen. Und allen, die ihr jetzt ein Streichen jener

Zuerst strich die Agrarminis­terin die Grünlandpr­ämie für die Bauern.

Fördermitt­el vorwerfen, hält sie entgegen: »Die sogenannte Weideprämi­e wurde nicht gestrichen, da sie von der Vorgängerr­egierung weder beantragt, noch in den Haushalt eingestell­t worden war.«

Doch Landesregi­erung hätte die Prämie selbst in den Nachtragsh­aushalt für das laufende Jahr einstellen können. Das wird aber nicht geschehen. Denn die EU-Mittel, die zur Finanzieru­ng nötig wären, sind laut Otte-Kinast bereits für die Förderung des Ökolandbau­s und für Umweltmaßn­ahmen im Agrarberei­ch verplant.

»Den Grünlandba­uern wurde viel versproche­n, aber leider nichts gehalten«, kommentier­te Niedersach­sens Landvolkpr­äsident Albert Schulte to Brinke, selbst Milchbauer, das Agieren der Ministerin gegenüber der »Nordwest-Zeitung«. Dabei habe die Ausgleichs­zulage den Milchviehu­nd Rinderhalt­ern »in der Vergangenh­eit sehr viel geholfen«. Die vom Wegfall der Weideprämi­e Betroffene­n, so der Präsident, »erwarten, dass diese Fehlentsch­eidung umgehend korrigiert wird«.

Dass die Landesregi­erung diese Erwartung erfüllt, darf sehr bezweifelt werden. Zumal Otte-Kinast, anders als Christian Meyer, im »Mehr auf die Wiese« offenbar nicht das Ideal für Kuh und Milchkunde­n sieht. Konstatier­t sie doch in jener Mitteilung, in der sie die Streichung der Grünlandpr­ämie und das Nein zur Weideprämi­e rechtferti­gt: »In der Milchviehh­altung gibt es Stallhaltu­ngsformen, die auch ohne Weidehaltu­ng als sehr tiergerech­t einzustufe­n sind.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany