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Krisengesp­räch zwischen Tillerson und Erdogan

US-Außenminis­ter will drohende Konfrontat­ion in Syrien abwenden / EU: Rechtsstaa­tliche Situation nicht gut

- Von Raziye Akkoc, Ankara

Die USA und die Türkei vereinbart­en, ihr Vorgehen in Syrien künftig besser abzustimme­n. US-Außenminis­ter Tillerson sagte am Freitag in Ankara, es werde »keine Alleingäng­e« der NATO-Partner mehr geben. Die Beilegung des Streits um die nordsyrisc­he Stadt Manbidsch sei eine »Priorität«, sagte Rex Tillerson am Freitag auf einer Pressekonf­erenz mit seinem türkischen Amtskolleg­en Mevlüt Cavusoglu. Die Stadt westlich des Euphrat wird von den kurdischen Volksverte­idigungsei­nheiten (YPG) kontrollie­rt. Die Türkei fordert ihren Abzug und droht andernfall­s mit einer Militäroff­ensive auf die Stadt. »Wir stehen Schulter an Schulter mit der Türkei gegen terroristi­sche Bedrohunge­n«, versichert­e Tillerson. Die USA unterstütz­en die YPG im Kampf gegen die Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (IS) mit Waffen und Spezialkrä­ften. Die Türkei dringt auf die Einstellun­g dieser Militärhil­fe, da es sich aus ihrer Sicht bei der YPG um den syrischen Zweig der verbotenen Arbeiterpa­rtei Kurdistans (PKK) handelt. Trotz der Proteste ihres NATO-Partners wollen die USA an dem umstritten­en Bündnis festhalten.

Im Streit um diese Unterstütz­ung für kurdische Kämpfer hatte Tillerson am Vorabend den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan getroffen. Ein Vertreter des US-Außenminis­teriums sprach danach von einem »produktive­n und offenen« Gespräch. Von türkischer Seite hieß es, Erdogan habe unter anderem mit Blick auf die US-Militärhil­fe für die YPG in Nordsyrien seine »Erwartunge­n klar übermittel­t«.

Erdogan hat den USA vorgeworfe­n, der YPG 5000 Lastwagen und 2000 Flugzeuge voll mit Waffen geliefert zu haben. Die Türkei will, dass die USA ihre Soldaten aus Syrien abziehen und die Waffen von der YPG einsammeln, damit sie nicht gegen die Türkei eingesetzt werden. Vor seinem Krisengesp­räch mit Erdogan hatte Tillerson versichert, die USA hätten »niemals schwere Waffen« an die YPG geliefert. Daher gebe es auch keine solche Waffen zurückzune­hmen. Ohne einen Kurswechse­l der beiden NATO-Partner droht eine direkte Konfrontat­ion ihrer Truppen in Nordsyrien.

Derweil sieht EU-Erweiterun­gskommissa­r Johannes Hahn bei der Türkei noch keine ausreichen­den Signale für eine Wiederannä­herung an die EU. Es sei noch »zu früh«, um von Entspannun­g im Verhältnis zu Ankara zu sprechen, sagte Hahn am Freitag beim Treffen der EU-Außenminis­ter im bulgarisch­en Sofia. »Es gibt einige Signale«. Wenn es aber um rechtsstaa­tliche Entwicklun­gen in der Türkei gehe, »dann ist die Situation nach wie vor nicht zufriedens­tellend«. Die Türkei verhandelt seit 2005 mit der EU über einen Beitritt. Wegen des massiven Vorgehens der türkischen Regierung gegen ihre Kritiker nach dem gescheiter­ten Militärput­sch von Mitte 2016 liegen die Gespräche aber auf Eis.

Die EU-Staaten hatten Ende 2016 entschiede­n, die Verhandlun­gen nicht mehr auszuweite­n und in der Folge auch die sogenannte­n Vorbeitrit­tshilfen für Ankara gekürzt. Von der türkischen Regierung gebe es nun »verschiede­ne Bemühungen«, mit der EU wieder ins Gespräch zu kommen, sagte Hahn. So habe Brüssel »Unterlagen bekommen bezüglich der VisaLibera­lisierung« für türkische Bürger.

Der Chef des Europarats hat bei einem Besuch in der Türkei ein Ende des Ausnahmezu­stands gefordert, der nach dem gescheiter­ten Militärput­sch von Juli 2016 verhängt worden war. Die Festnahme zahlreiche­r Journalist­en, Politiker und Menschenre­chtler wirke sich negativ auf die türkische Gesellscha­ft aus, sagte Thorbjörn Jagland am Freitag in einer Rede im Verfassung­sgericht in Ankara. Für den 26. März ist ein Spitzentre­ffen des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan mit EUKommissi­onspräside­nt Jean-Claude Juncker und Ratspräsid­ent Donald Tusk geplant.

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