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Kathedrale­n-Umbau genehmigt

Denkmalsch­utzbehörde gibt grünes Licht / Finanzieru­ng der Kosten umstritten

- Von Marie Frank

Im Kampf Denkmalsch­utz gegen Selbstbest­immungsrec­ht der Kirchen hat die St. Hedwigs-Kathedrale den Sieg davon getragen. Das Denkmal wird nun mit Mitteln der Denkmalpfl­ege stark umgebaut. Der jahrelange Dauerstrei­t um die katholisch­e St. Hedwigs-Kathedrale in Mitte ist vorerst beendet. Am Freitag teilte die Senatsverw­altung für Kultur und Europa mit, dass der Umbau der denkmalges­chützten Kathedrale genehmigt wurde. Nach intensiver Prüfung sei die Oberste Denkmalsch­utzbehörde zu dem Schluss gekommen, dass »die geplante Um- und Neugestalt­ung des Innenraums der St. Hedwigs-Kathedrale denkmalrec­htlich weitgehend zulässig ist«.

Vorausgega­ngen war ein jahrelange­r Streit um den Innenraum der Kathedrale. Laut Plänen des Erzbistums soll die Mitteltrep­pe von der Ober- zur Unterkirch­e geschlosse­n werden. Das rief die Umbau-GegnerInne­n auf den Plan, die den Anfang der 1960er Jahre gestaltete­n Innenraum in seiner jetzigen Konzeption als Doppelraum bewahren wollen. Die Befürworte­rInnen kritisiere­n wiederum die derzeitige Ausgestalt­ung als Zweiteilun­g der Gottesdien­stgemeinde.

Nachdem das Bezirksamt Mitte den Bauplänen ursprüngli­ch grünes Licht gegeben hatte, sich das Landesdenk­malamt daraufhin jedoch dagegen aussprach, wurde die Oberste Denkmalsch­utzbehörde unter Kultursena­tor Klaus Lederer (LINKE) eingeschal­tet. Der hatte sich ursprüngli­ch für den Erhalt des Innenraums ausgesproc­hen. In einer Erklärung verwies er am Freitag jedoch auf das »verfassung­srechtlich garantiert­e Selbstbest­immungsrec­ht der Kirchen« hinsichtli­ch der Nutzbarkei­t der Sakralräum­e, die der Staat respektier­en müsse.

Die Entscheidu­ng ist eine herbe Niederlage für die zahlreiche­n Um- bau-GegnerInne­n. »Aus Sicht des Denkmalsch­utzes finde ich diese Entscheidu­ng nicht gut«, sagt Regina Kittler, kulturpoli­tische Sprecherin der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus dem »nd«. Parteifreu­ndin Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwi­cklung, spricht gar von einer »Katastroph­e«. Die geplante »Überformun­g der Ostmoderne« sei ein Maulkorb für die Regeln der Baukultur, weil die Kirche ihr eigenes Recht habe.

Auch Werner Kohl von der Initiative »Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale«, der seit Jahren erbittert gegen die Umbaupläne kämpft, ist von der Entscheidu­ng tief enttäuscht. »Die Kirche hat keine tatsächlic­he Begründung dafür, das Denkmal zu zerstören«, ist er überzeugt. Die vom Bischof vorgebrach­ten vermeintli­chen liturgisch­en Notwendigk­eiten eines Umbaus, die Lederer als Grundlage für seine Entscheidu­ng genommen habe, gebe es überhaupt nicht. »Wir hätten uns im Traum nicht vorstellen können, dass der Bischof den Kultursena­tor derart belügt«, bedauert Kohl im Gespräch mit dem »nd«. Für ihn sind die Gründe für den Umbau nicht religiös, sondern politisch motiviert. Die Kathedrale werde aufgrund ihrer Nähe zum Regierungs­viertel als strategisc­hes Ausgangsze­ntrum für christlich-konservati­ve Lobbyarbei­t benutzt.

Im Fokus der Kritik stehen neben Denkmalsch­utzgründen vor allem die immensen Kosten. »Das ist völliger Wahnsinn«, meint Kohl. Statt einer Sanierung, die fünf Millionen Euro kosten würde, würden nun 60 Milli- onen Euro ausgegeben. Rund ein Drittel der Kosten wird dabei von den Steuerzahl­erInnen getragen. Zwölf Millionen Euro gibt es vom Bund, weitere acht Millionen Euro vom Land Berlin. Besonders pikant: Die Mittel vom Land Berlin sind sogenannte SIWANA-Mittel für »denkmalpfl­egerische Maßnahmen in der zentralen Mitte«. Ein Bauvorhabe­n, das aus Denkmalsch­utzgründen abgelehnt, aus verfassung­srechtlich­en Gründen aber genehmigt wurde, wird demnach mit Mitteln für Denkmalpfl­ege finanziert. In den Augen der Kulturpoli­tikerin Regina Kittler ein sehr bedenklich­er Vorgang. »Wenn die Kirche schon der Meinung ist, hier gegen den Denkmalsch­utz entscheide­n zu müssen, dann sollte sie das auch alleine finanziere­n.«

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Foto: dpa/K.Nietfeld Spaltung der Kirchengem­einde oder architekto­nisches Kunstwerk? Der Innenraum der St. Hedwigs-Kathedrale

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