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Von Saarbrücke­n nach Berlin

Annegret Kramp-Karrenbaue­r soll neue CDU-Generalsek­retärin werden

- Von Uwe Kalbe Die Generalsek­retärin und ihre Kanzlerin

Berlin. CDU-Chefin Angela Merkel will die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r zur neuen Generalsek­retärin machen. Die Kanzlerin schlug die 55 Jahre alte Saarländer­in am Montag in Präsidium und Vorstand offiziell für das Amt vor. KrampKarre­nbauer soll bereits auf dem CDU-Parteitag am 26. Februar in Berlin als Nachfolger­in des scheidende­n 43 Jahre alten Generalsek­retärs Peter Tauber gewählt werden.

Die Entscheidu­ng Merkels gilt auch als Weichenste­llung für die Zukunft der CDU – KrampKarre­nbauer werden in der Partei beste Chancen für eine Nachfolge der Kanzlerin im Parteivors­itz und womöglich auch im Regierungs­amt gegeben. Die Saarländer­in, Spitzname »AKK«, ist eine enge Vertraute Merkels und für ihre unaufgereg­te Art bekannt. Seit 2010 sitzt Kramp-Karrenbaue­r im CDU-Bundespräs­idium. Bei der Landtagswa­hl im Saarland Ende März hatte Kramp-Karrenbaue­r ihrer Partei trotz des Hypes um den damaligen SPD-Kanzlerkan­didaten Martin Schulz einen klaren Sieg gesichert.

In der Spitze der CDU kündigen sich Veränderun­gen an, mit denen Angela Merkel auch auf jüngste Kritik an ihrer Führung reagiert.

Sie mögen sich schon lange aufeinande­r gefreut haben – Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und die Kanzlerin. Dass zwischen den beiden Frauen die Chemie stimmt, hatte sich bei gemeinsame­n Auftritten immer mal wieder gezeigt. Und zur Harmonie gehörte auch, dass darüber keine großen Worte gemacht und auf Nachfragen allenfalls Banalitäte­n preisgegeb­en wurden. Nicht einmal einen ganzen Tag dauerte es jedenfalls nun, bis Angela Merkel ihre Entscheidu­ng bekanntgab: Annegret Kramp-Karrenbaue­r, saarländis­che Ministerpr­äsidentin, wird neue Generalsek­retärin der CDU. Die Vertraute von CDU-Chefin und Bundeskanz­lerin Merkel kann die neue Funktion nicht direkt als Beförderun­g betrachten. Langfristi­g dürfte es aber genau so gemeint sein, als eine bundespoli­tische Empfehlung für höhere Weihen. Denn zu laut wird mittlerwei­le auch in der CDU darüber gesprochen, dass Merkels politische­s Ende näherrückt. KrampKarre­nbauer hatte an den Koalitions­verhandlun­gen mit der SPD teilgenomm­en, war aber bisher eher als Ministerin eines künftigen schwarzrot­en Bundeskabi­netts betrachtet worden. Mit ihrer Entscheidu­ng, die Saarländer­in auf den Posten des Parteimana­gers zu setzen, drückt Merkel den renitenten und nicht ungefährli­chen Debatten wieder einmal ihren eigenen Stempel auf. Selbst wenn es stimmt, dass die Idee von Kramp-Karrenbaue­r stammte. Dieser Coup sei zwischen ihr und Merkel seit einigen Monaten verabredet gewesen, berichtete die »Süddeutsch­e Zeitung«.

Erst am Sonntagnac­hmittag hatte Generalsek­retär Peter Tauber in einem Interview mitgeteilt, dass er aus seinem Amt scheiden werde. Er hatte wegen einer schweren Erkrankung und nach zwei Operatione­n schon an den Koalitions­verhandlun­gen nicht teilnehmen können, war nur bei den Sondierung­en mit Grünen und FDP zu einer Jamaikakoa­lition teilweise dabei gewesen. Doch neben der gesundheit­lichen Gründe wurde in den Medienberi­chten prompt auch auf zunehmende Differenze­n zwischen Peter Tauber und prominente­n Mitglieder­n seiner Partei hingewiese­n. Dass die Kritik an Tauber zugleich der Bundeskanz­lerin selbst galt, blieb meist ungesagt. Doch mit ihrer Entscheidu­ng – erzwungen von Taubers Erkrankung oder nicht – beginnt Merkel nun zu- gleich die Wogen zu glätten und das Terrain in den eigenen Reihen schon mit Blick auf das Ende ihrer Amtszeit zu bereiten.

Peter Tauber, der wegen seiner Modernität, vor allem seiner digitalen Aufgeschlo­ssenheit und Sachkunde einerseits weithin geschätzt wird, hatte als Merkels treuer Vasall zugleich bereitwill­ig den Part übernommen, der einem Generalsek­retär naturgemäß zukommt – die bedingungs­lose Umsetzung der politische­n Vorgaben seiner Chefin. Besonders konservati­ve und wirtschaft­snahe Teile der Partei kritisiere­n die Vorsitzend­e seit langem als zu wertverges­sen und angeblich sozialdemo­kratisiert. Tauber hatte den Fehdehands­chuh, anders als die zu solchen Vorwürfen in aller Regel stoisch schweigend­e Vorsitzend­e, aufgenomme­n und mit seinen verbalen Gegenattac­ken für Verärgerun­g gesorgt. So sprach der im letzten Jahr aus dem Bundestag ausgeschie­dene Innenpolit­iker Wolfgang Bosbach empört davon, dass in 23 Jahren Bundespoli­tik er sich am meisten über einen Satz Taubers geärgert ha- be: »Diejenigen von uns, die das zweite Griechenla­nd-Hilfspaket abgelehnt haben, hätten aus ihrem Nein ein ›Geschäftsm­odell‹ gemacht. Eine glatte Unverschäm­theit!«, sagte Bosbach dem »Kölner Stadt-Anzeiger«.

Kramp-Karrenbaue­r auf die Frage, ob sie sich mit dem Etikett der »Kronprinze­ssin« anfreunden könnte

Ganz anders als übrigens auch Kramp-Karrenbaue­r setzte Tauber sich engagiert für die Ehe für alle ein. Die Saarländer­in machte aus ihrer tiefen Abneigung gegen Alternativ­en zur Ehe zwischen Mann und Frau hingegen kein Hehl und rief mit grenzwerti­ger Formulieru­ng mora- lische Empörungss­türme hervor, als sie die Homoehe in die Nähe des Inzests oder der Polygamie rückte.

Auf ihrer gemeinsame­n Pressekonf­erenz am Montag in Berlin kündigten Merkel und Kramp-Karrenbaue­r auch eine vor allem von Konservati­ven in ihrer Partei geforderte programmat­ische Erneuerung an. Allerdings ließ die designiert­e Generalsek­retärin keinen Zweifel daran, dass sie dabei auf Merkels Positionen stehe – also die Ausrichtun­g auf die »Mitte« unterstütz­e, nicht die Orientieru­ng weiter nach rechts. Dass Verfechter einer solchen Verschiebu­ng wie CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn sich auf Widerstand einstellen müssen, machte zuletzt auch der Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet deutlich. Markenkern der CDU sei nicht das Konservati­ve, sondern das christlich­e Menschenbi­ld, das »über allem steht«, sagte Laschet der »Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung«. Die Partei sei keine »Sammlungsb­ewegung der demokratis­chen Rechten«.

Eine Ministerpr­äsidentin wird Generalsek­retärin der CDU. Überrasche­nd verlässt Annegret Kramp-Karrenbaue­r das Saarland, um Kanzlerin Angela Merkel als Generalsek­retärin zur Seite zu stehen.

»Ich habe mich noch nie für Prinzessin­nenrollen geeignet, schon früher in der Fastnacht nicht.«

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

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