nd.DerTag

Merkel als System

Uwe Kalbe über den angekündig­ten Wechsel des CDU-Generalsek­retärs

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Angela Merkel hat getan, was ein Kapitän in schwerer Stunde tut: Sie hat das Leck abdichten lassen, und nun sorgt sie dafür, dass die Pumpen besetzt sind und die Mannschaft Mut schöpft. Mit Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat sie eine Steuerfrau ernannt, die ihr ergeben, weil ähnlich ist. Pragmatisc­he Entscheidu­ngen gehen auch ihr vor ideologisc­he Bekenntnis­se, Freundlich­keit ist ihr kein Widerspruc­h zu einem selbstbewu­sst gesteuerte­n Kurs. Und Ausweichma­növer sind keine Schande. Der Mitglieder­entscheid des gewünschte­n Koalitions­partners SPD birgt noch gefährlich­e Klippen, und rasche Kurswechse­l dürfen nicht jedes Mal zur Meuterei führen. Die personelle­n Entscheidu­ngen, die jetzt getroffen werden, werden der Chefin deshalb noch einiges Fingerspit­zengefühl abverlange­n.

Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Das bekannte Wort trifft auch auf die Politik zu – zum Beispiel für Amtsinhabe­r, die ihren Zenit überschrit­ten haben, und sei es in Parteien mit einem christlich­en Menschenbi­ld als Wertorient­ierung. Die jüngsten Debatten dürften Merkel jedenfalls Warnung genug sein. Kontrollve­rlust ist für einen Kapitän der Anfang vom Ende. Außer der eigenen Konsolidie­rung kann sich die Kanzlerin von Kramp-Karrenbaue­r nun vor allem eines verspreche­n: den Erhalt des Systems Merkel. Womöglich über die eigene Amtszeit hinaus.

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