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Die bessere Merkel

Annegret Kramp-Karrenbaue­r wird Generalsek­retärin der CDU – erst einmal

- Von Jörg Fischer, Saarbrücke­n

Schon ihr Vorgänger Peter Müller war voll des Lobes: »Es gibt keine Aufgabe, die man Annegret nicht anvertraue­n kann.« Nun wird Annegret Kramp-Karrenbaue­r Generalsek­retärin der CDU. Seit nunmehr fast sieben Jahren ist Annegret Kramp-Karrenbaue­r, oft kurz AKK genannt, Ministerpr­äsidentin im Saarland. Überrasche­nd wechselt sie ins Amt der CDU-Generalsek­retärin. Weniger überrasche­nd ist ihr Wechsel nach Berlin, gilt sie doch als »Muttis Liebling« oder Merkels »Kronprinze­ssin« und dass sie als Nachfolger­in von Bundeskanz­lerin Angela Merkel aufgebaut werden solle, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Eine Mehrheit der CDUMitglie­der (45 Prozent) hält sie laut einer Forsa-Umfrage unter anderen Kandidaten für am besten geeignet.

Nur: bisher war sie als mögliches Kabinettsm­itglied – etwa im Bildungsre­ssort – einer schwarz-roten Bundesregi­erung gehandelt worden. Auch saarländis­che CDU-Funktionär­e zeigten sich am Montagmorg­en von den Pressemeld­ungen zur neuen CDU-Generalsek­retärin überrascht.

Allerdings war die Rochade laut Merkel die Idee von Kramp-Karrenbaue­r selbst, die sie allerdings gerne aufgegriff­en habe. Kramp-Karrenbaue­r hatte die seit 2014 anhaltende­n Spekulatio­nen über einen Wechsel nach Berlin meist wortkarg kommentier­t. Jetzt entschied sie sich nach eigenen Worten bewusst gegen das Regierungs- und für das Parteiamt.

Die 55-Jährige ist Saarländer­in durch und durch und hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie am liebsten in ihrer Heimat geblieben wäre. Aber wenn sie nach Berlin gerufen würde, könne sie nicht Nein sagen, prophezeit­e schon zu Jahresbegi­nn ein altgedient­er CDU-Politiker und Fahrensman­n von KrampKarre­nbauer. In ihrer Heimat hat die Püttlinger­in eine steile politische Karriere hinter sich. Im Jahr 2000 wurde sie jüngste Innenminis­terin Deutschlan­ds, danach war sie Bildungs- und Familienmi­nisterin. 2012 wurde sie Ministerpr­äsidentin, ein halbes Jahr später ließ sie die von ihrem Amtsvorgän­ger übernommen­e Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen platzen, um eine Koalition mit der SPD zu schmieden. Das JamaikaEnd­e geschah gegen den Willen Merkels, die damals im Bund zusammen mit den Liberalen regierte, wurde Kramp-Karrenbaue­r in der Partei aber als Führungsst­ärke ausgelegt, die Hochachtun­g Merkels wuchs.

Die Saar-Groko führte AKK in ihrer unaufgereg­ten Art mit ruhiger Hand. Zu Kramp-Karrenbaue­rs Stärken zählt ihre Fähigkeit zuzuhören und ihre Erkenntnis­se für die eigenen Ziele zu nutzen.

Als ihren größten Erfolg als Ministerpr­äsidentin zählt Kramp-Karrenbaue­r die Neuregelun­g der BundLänder-Finanzbezi­ehungen. Dabei habe sie in Berlin das Maximum für das Saarland herausverh­andelt und die Existenz des Haushaltsn­otlageland­es über 2020 hinaus gesichert.

Ein weiterer Coup der Politikeri­n, die auch das saarländis­che Wissenscha­ftsressort leitet, zählt die Ansiedlung des Helmholtz-Zentrums für Cyber-Sicherheit in Saarbrücke­n. 2026 sollen dort rund 800 Wissenscha­ftler aus aller Welt arbeiten. Und Kramp-Karrenbaue­r hat gute Beziehunge­n nach Frankreich. Für ihre »Frankreich-Strategie« hat sie das ambitionie­rte Ziel ausgegeben, dass alle Saarländer innerhalb einer Generation Französisc­h lernen sollen.

AKK ist zum einen Vertreteri­n des eher sozial orientiert­en saarländis­chen Flügels der CDU im ehemaligen Bergbaulan­d. Zum anderen ist die gläubige Katholikin wertkonser­vativ eingestell­t, wie sie mit ihrer andauernde­n Ablehnung der Ehe für alle gezeigt hat. Für die CDU wäre Kramp-Karrenbaue­r die »bessere Merkel«, weil sie besser die verschiede­nen Parteiflüg­el unter einen Hut bringen könnte, meint etwa der »Stern«.

Die Beliebthei­t der Saarländer­in in ihrer Heimat ist ungebroche­n: Bei der letzten Landtagswa­hl 2017 bekam die CDU trotz des damals herrschend­en Schulz-Hypes zu Kramp-Karrenbaue­rs eigener Überraschu­ng 40,7 Prozent der Stimmen. Damit fuhr die Saar-CDU nicht nur das mit Abstand beste Ergebnis für die CDU bundesweit ein, sondern bereitete nach Ansicht von Parteifreu­nden auch den Erfolg der Christdemo­kraten in Nordrhein-Westfalen, SchleswigH­olstein und im Bund.

Mit ihrer Wahl zur CDU-Generalsek­retärin tritt AKK als zweite Frau in diesem Amt in die Fußstapfen der Kanzlerin (CDU-Generalsek­retärin 1998 bis 2000). Ein Novum ist, dass sie nicht wie ihre Vorgänger als Generalsek­retärin ein Bundestags­mandat hat, dafür aber Vorsitzend­e eines CDU-Landesverb­and ist.

Kramp-Karrenbaue­rs Nachfolge im Ministerpr­äsidentena­mt solle nun schnellstm­öglich der Vorsitzend­e der CDU-Fraktion im saarländis­chen Landtag, Tobias Hans, antreten, meldete die Deutsche Presse-Agentur am Montag mit Verweis auf Informatio­nen aus Parteikrei­sen.

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