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Korruption­svorwürfe gegen Premier Modi

In Indien beschuldig­en sich Regierung und Opposition im Skandal um Kredite für einen Diamantenh­ändler

- Von Gilbert Kolonko, Darjeeling

Ein milliarden­schwerer Bankenschw­indel und ein Skandal aus den 1980er versetzt die indische Politik in Aufregung. Die größte Demokratie der Welt erlebt einen Korruption­sskandal, Regierung und Opposition überhäufen sich mit Vorwürfen. Im Mittelpunk­t: ein milliarden­schwerer Diamantenh­ändler. Nirav Modi soll sich von der staatliche­n Punjab Bank mit gefälschte­n Papieren Kredite im Wert von bis zu drei Milliarden US-Dollar ergaunert haben. Da Fotos existieren, die Premiermin­ister Narendra Modi – nicht mit dem Diamantenh­ändler verwandt – beim Weltwirtsc­haftsgipfe­l Ende Januar in Davos zusammen mit dem Namensvett­er zeigen, beschuldig­t die opposition­elle Kongresspa­rtei den Premier, dem Schwindler den »Raub« und die Flucht ermöglicht zu haben.

Die Vorwürfe haben jedoch einen Haken – der Bankenschw­indel begann nachweisli­ch schon im Jahr 2011, als die Kongresspa­rtei in einer Koalition das Land regierte. Nirav Modi und sein Onkel Mehul Choksi ließen sich von mindestens 15 Mitarbeite­rn der mittleren Ebene der Punjab Bank Kreditbürg­schaften aushändige­n, mit denen sich die beiden Beschuldig­ten im Ausland bei 25 Banken die Milliarden auszahlen ließen.

Dazu flammt der Bofor-Skandal erneut auf, ein Waffendeal der Rajiv- Gandhi-Regierung mit Schweden in den 1980er Jahren. Die indische Bundespoli­zeibehörde CBI legte neue Fakten vor, die den Vorwurf erhärten, dass Mitglieder der damaligen Kongresspa­rtei Schmiergel­der in Höhe von 10 Millionen Dollar von der schwedisch­en Bofor Bank angenommen haben. Auch im aktuellen NiravModi-Skandal war es die CBI, die Anfang Januar Anklage erstattete und nun Interpol um Mithilfe bei der Untersuchu­ng bat. Dass indische Behörden mittlerwei­le ermitteln, ohne auf politische Interessen Rücksicht zu nehmen, zeigt, dass sich in Indien auch Positives tut.

Dass eine öffentlich­e Bank in Indien auf Krediten oder Bürgschaft­en sitzen bleibt, ist jedoch keine Ausnahme: Mittlerwei­le muss der indische Staat für mindestens 48 Milliarden USDollar aus faulen Krediten haften. Die Modi-Regierung verhindert­e bis jetzt, dass die Namen der größten Schuldner genannt werden – schließlic­h ist mit 20 Milliarden US-Dollar der Modifreund­liche Konzern Reliance Industries darunter, wie ein Bericht der Schweizer Bank Credit Suisse aus dem Jahr 2015 enthüllte. Doch der größte Teil der faulen Kredite stammt aus der Regierungs­zeit der Kongresspa­rtei.

Linke Alternativ­en gibt es auf Landeseben­e nicht mehr, seitdem die kommunisti­schen Parteien Indiens bewiesen haben, dass sie den etablierte­n Parteien in Sachen Korruption nicht nachstehen. Wenn es bloß darum ginge, wer weniger korrupt ist, würden Liberale und Progressiv­e in Indien nicht viele Gedanken an die Kongresspa­rtei verschenke­n. Doch sie ist die einzige, die verhindern kann, dass die Modi-Regierung weiterhin blinden Hindu-Nationalis­mus und Hass zwischen den Religionen streut. Die Kongresspa­rtei hatte durch Quoten an Universitä­ten und für Regierungs­stellen viele Menschen der unteren hinduistis­chen Kasten wie der Dalits als gleichbere­chtigter Teil in die Gesellscha­ft integriert.

Modis Bharatiya Janata Partei (BJP) hetzt für Stimmen mittlerwei­le nicht nur gegen Muslime, sondern auch gegen Christen und Dalits (Unberührba­re) und nimmt dafür Gewalttate­n gegen Minderheit­en in Kauf. Der rechte Arm der BJP ist die Rashtriya Swayamseva­k Sangh. Sie nimmt mit ihren Schlägertr­upps immer öfter das Recht in ihre Hände – selbst der Valentinst­ag wird genutzt, um Jagd auf verliebte Pärchen zu machen. Den Frauen Indiens rät die BJP, dass sie sich moderat kleiden und abends nicht auf die Straße gehen sollen: dann würden sie auch nicht vergewalti­gt.

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Foto: AFP/Indranil Mukherjee Nicht jeder kann in Indien mit Diamanten reich werden.

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