nd.DerTag

Entwicklun­g ist keine Frage der Sicherheit

Martin Ling über die Vernetzung von Verteidigu­ng und Hilfe

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»Ohne Entwicklun­g gibt es keine Sicherheit. Entwicklun­gspolitik ist die beste Investitio­n, um Kriege zu verhindern.« Was der geschäftsf­ührende Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller (CSU) auf der Münchner Sicherheit­skonferenz verlauten ließ, ist durchaus richtig. Nur ist das Konzept, das die Große Koalition bis dato verfolgt und laut Koalitions­vertrag sogar ausbauen will, dafür gänzlich ungeeignet. Laut Koalitions­vertrag sollen künftig die Ausgaben für die Entwicklun­gshilfe und für Verteidigu­ng im Verhältnis eins zu eins erhöht werden – in den vier Jahren bis 2021 insgesamt um zwei Milliarden Euro. Das wird vernetzte Sicherheit­spolitik genannt und der Entwicklun­gspolitik kommt dabei die Rolle zu, Fluchtursa­chen zu bekämpfen. Und da beginnt die Krux: Fluchtursa­chen bekämpfen, heißt wirtschaft­liche Entwicklun­g im Globalen Süden zu fördern. Dabei ist sich ausnahmswe­ise die ganze Fachwelt in einem Punkt einig: Wenn das Haushaltse­inkommen in armen Ländern ansteigt, geht mitnichten die Migration zurück, sondern steigt erst einmal an. Dieser statistisc­he Migrations­buckel ist empirisch belegt und erst auf höheren Einkommens­niveaus nimmt der Migrations­anreiz wieder ab.

Entweder die deutsche Bundesregi­erung mitsamt des Entwicklun­gsminister­s sind sich dieses sogenannte­n migration hump nicht bewusst, oder aber die vernetzte Sicherheit­spolitik ist eine entwicklun­gspolitisc­he Mogelpacku­ng. Das ist die wahrschein­lichere Variante. Es geht nicht um den Aufbau einer tragfähige­n wirtschaft­lichen Entwicklun­g im Globalen Süden, sondern um die Abschottun­g des Nordens von Migration so weit wie eben möglich. Denn für Konfliktpr­ävention, Demokratie und Maßnahmen für mehr Rechtsstaa­tlichkeit gilt weiterhin: unter ferner liefen.

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