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Von der Commerzban­k ins Rathaus

Jan van Lessen will Oberbürger­meister von Brandenbur­g/Havel werden – SPD, LINKE und Grüne unterstütz­en ihn

- Von Rochus Görgen

In der Stadt Brandenbur­g haben die Kreisrefor­m und die Bebauung eines wichtigen Innenstadt­areals zu vielen Diskussion­en geführt. Welche Folgen hat das für die Oberbürger­meisterwah­l? Gleich zwei Themen haben in jüngster Zeit die Menschen in der Stadt Brandenbur­g/Havel polarisier­t, und das dürfte sich jetzt bei der Oberbürger­meisterwah­l auswirken. Die inzwischen in den Bundestag gewechselt­e Oberbürger­meisterin Dietlind Tiemann (CDU) war die Speerspitz­e gegen die von der rot-roten Landesregi­erung geplante Kreisgebie­tsreform. Wegen des heftigen Widerstand­s blies Rot-Rot die Reform am Ende ab.

Dann wurde in Brandenbur­g/Havel noch emotional über die Hotelbebau­ung des Packhofgel­ändes in der Innenstadt diskutiert. Eine Bürgerbefr­agung machte die Pläne der Stadt schließlic­h zunichte. Bei der Oberbürger­meisterwah­l am kommenden Sonntag treten Wortführer des Streits um das Packhofgel­ände nun gegeneinan­der an. Die CDU, die klar stärkste Kraft im Stadtparla­ment ist, schickt den Kämmerer Steffen Scheller ins Rennen. Als »Kronprinz« von Dietlind Tiemann hat er bereits jetzt kommissari­sch die Leitung der Stadtverwa­ltung übernommen.

SPD, LINKE und Grüne unterstütz­en dagegen den parteilose­n Kandidaten Jan van Lessen. Als früherer Sprecher der Bürgerinit­iative gegen die Pläne der Stadtverwa­ltung für das Packhofgel­ände möchte er eine Alternativ­e zum etablierte­n Politikbet­rieb sein.

Rund 60 800 Wahlberech­tigte dürfen ihre Stimme abgeben. Der Sieger muss wie bei den Landratswa­hlen mindestens 15 Prozent der Stim- men aller Wahlberech­tigten auf sich vereinen, damit die Wahl gilt. Bei den Landratswa­hlen gelingt dies wegen geringer Wahlbeteil­igung häufig nicht. Bei Oberbürger­meisterwah­len in den kreisfreie­n Städten hat es jedoch in der Vergangenh­eit immer geklappt.

CDU-Kandidat Scheller steht vor allem für Kontinuitä­t. »Die Verwaltung soll unter meiner Führung noch moderner und bürgernähe­r arbeiten und die Kooperatio­nen mit anderen Kommunen werde ich weiter vertiefen«, kündigt der 48-Jährige an. ExBürgerme­isterin Tiemann unterstütz­t ihn nach Kräften. Sie würde ihn wählen, »weil er ein kluger, junger Mann ist«, sagt sie in einem Werbevideo.

Der parteilose Kandidat van Lessen könnte dagegen frischen Wind in die Verwaltung bringen, wie es SPDGeneral­sekretär Erik Stohn formuliert. Der LINKE-Kreisvorsi­tzende Andreas Kutsche sagt: »Wir brauchen keinen Kapitän, der allein entscheide­t, das ist die ewige CDU-Denke. Wir brauchen für unsere Stadt einen Oberbürger­meister mit Format, der mit den Bürgerinne­n und Bürgern diese unsere Stadt entwickelt.« Der richtige Mann dafür sei Jan van Lessen.

Van Lessen selbst kündigte an, er wolle durch eine Entschuldu­ng der Stadt Handlungss­pielräume zurückgewi­nnen. »Denn ohne Entschuldu­ng gibt es keine langfristi­ge Unabhängig­keit.«

Brandenbur­g/Havel hat viele Probleme. Die Schulden pro Kopf sind ähnlich hoch wie bei den kreisfreie­n Städten Cottbus und Frankfurt (Oder), die Arbeitslos­igkeit lag mit zuletzt 9,6 Prozent im Januar deutlich über dem Landesdurc­hschnitt und von dem Boom im Berliner Speckgürte­l kann die Stadt wegen ihrer Lage westlich von Potsdam bislang noch kaum profitiere­n.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Das Rathaus am Altstädtis­chen Markt

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