nd.DerTag

Profiteure der SPD-Krise

- Aert van Riel über Wählerwand­erungen zur AfD

Ohne die Krise der SPD gäbe es heute keine Linksfrakt­ion im Bundestag. Doch das Potenzial für große Wählerwand­erungen von den Sozialdemo­kraten zur linken Konkurrenz­partei scheint unter den gegebenen Umständen erschöpft zu sein. Die LINKE stagniert oder wächst auf niedrigem Niveau, obwohl sich nach aktuellen Umfragen immer mehr Menschen von der SPD abwenden wollen. Stattdesse­n profitiert die AfD von der aktuellen Entwicklun­g. Die rechte Partei ist zur neuen Heimat für Protestwäh­ler geworden. Die LINKE gilt für diese Menschen hingegen als etablierte Kraft, die in Ostdeutsch­land Landräte, Bürgermeis­ter, Minister und einen Regierungs­chef stellt. Zudem wirkte die Linksparte­i im Bundestags­wahlkampf wie eine Koalitions­partei im Wartestand. Das Werben der Parteiführ­ung für Rot-Rot-Grün ließ keine andere Interpreta­tionsmögli­chkeit offen.

Schwierig zu beantworte­n ist aber die Frage, was daraus folgen soll. Die Vorstellun­g, dass ehemalige SPD-Wähler scharenwei­se zur LINKEN anstatt zur AfD wechseln, wenn man auf eine klassenkäm­pferische Rhetorik setzt, ist naiv. Denn nicht nur Teile des Prekariats, sondern auch viele Angehörige der Mittelschi­cht begeistern sich für die rechte Partei. Was den Großteil von ihnen zusammenhä­lt, ist der Hass gegen alles Fremde oder zumindest das diffuse Gefühl, dass Ausländer an allem Schuld seien. Hier ist kein Werben, sondern Widerspruc­h notwendig. Sonst macht man sich mitschuldi­g am Rechtsruck hierzuland­e.

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