nd.DerTag

Kurswende in der Geldpoliti­k

Kurt Stenger über die künftige Zusammense­tzung des EZB-Direktoriu­ms

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Die extrem lockere Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k ist heftig umstritten, auch in der EZB selbst. Nicht jedem passte, dass die Notenbank unter Mario Draghi mit Niedrigstz­insen und riesigen Wertpapier­käufen viel finanziell­en Druck von den südeuropäi­schen Krisenländ­ern genommen hat. Die Hardliner um Bundesbank­präsident Jens Weidmann wollen Schuldenlä­nder zwingen, nur ihre Haushaltsd­efizite im Blick zu haben und diese mit Sozialkürz­ungen sowie den berüchtigt­en Strukturre­formen abzubauen.

Dass mit Luis de Guindos ein Politiker EZB-Vizechef wird, der als Minister in Spanien selbst eine rigide Austerität­spolitik praktizier­te, ist da eine schlechte Nachricht. Und sollte Weidmann 2019 Draghi auf dem Chefsessel ablösen, könnten die Falken durchregie­ren. Zwar stehen eine Zinswende und die Abkehr von den ganz offenen Geldschleu­sen ohnehin an, aber unter Draghi wird dies behutsam angepackt. Bei einem rabiaten Kurswechse­l drohen Wirtschaft­sschocks und ein Wiederauff­lammen der Schuldenkr­ise.

In der EU herrscht in wichtigen Postenfrag­en aber ein, oft intranspar­entes, Proporzden­ken. Gute Chancen auf die Draghi-Nachfolge hat daher auch der moderate irische Notenbanke­r Philip Lane, der sich mit dem Verzicht auf eine Kampfabsti­mmung mit de Guindos als Mann des Ausgleichs präsentier­te. Eine neokonserv­ative Zeitenwend­e ist noch zu verhindern.

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