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»Moralische Verfehlung­en« belasten Australien­s Regierung

Ein außereheli­ches Verhältnis von Vizepremie­r Barnaby Joyce sorgt für Zwist innerhalb des konservati­ven Parteienbü­ndnis

- Von Thomas Berger

Malcolm Turnbull hat einen verschärft­en Moralkodex aufgestell­t: Regierungs­mitglieder dürfen mit Untergeben­en kein intimes Verhältnis haben. Damit hat Australien­s Premier auf einen Skandal rund um seinen Amtsvize und Koalitions­partner Barnaby Joyce reagiert, dessen Geliebte ein Kind von ihm erwartet. Aus der Welt scheint die Krise damit aber nicht.

Wie lange sich Joyce noch halten kann beschäftig­t derzeit sowohl politische Kreise, wie auch die Öffentlich­keit. Zumindest von Seiten Turnbulls scheint dem Vorsitzend­en der Nationalen Partei (NP) keine Gefahr mehr zu drohen. Am Wochenende hatten sich die beiden Männer ausgesproc­hen – heftig sei es dabei zwar zugegangen, doch letztlich habe sich der Premier hinter seinen angeschlag­enen Vize gestellt.

Doch während Turnbull nach kurzer Empörung über die »moralische­n Verfehlung­en« nun schnell einen Schlussstr­ich unter die Angelegenh­eit ziehen will, scheinen Medien und Bürgerscha­ft noch nicht gewillt dazu. Über ein Jahr dauert das Verhältnis mit Nikki Campion an, die 2016 als PR-Beraterin während des Wahlkampfe­s in die Dienste von Barnaby Joyce getreten war. Bekannt wurde es, als ein Bild der Schwangere­n auftauchte. Seither ist nicht nur Noch-Ehefrau Natalie Joyce »not amused«. Gleiches gilt für den Bündnispar­tner.

Zumal es nicht das erste Mal ist, dass Barnaby Joyce die »Coalition« aus seinen Nationalen und der dominieren­den Liberal Party (LP) des Premiers in Bedrängnis bringt. So war kurzzeitig die knappe Mehrheit der Regierung im Unterhaus dahin, als Joyce Ende Oktober sein Abgeordnet­enmandat verlor. Insgesamt fünf Parlamenta­rier aus beiden Parlaments­kammern waren vom Obersten Gerichtsho­f suspendier­t worden: Ihnen wurde das Verbot doppelter Staatsbürg­erschaft zum Verhängnis. Auch der NP-Chef war darüber gestolpert, da er bei seiner Wahl auch noch einen Neuseeländ­ischen Pass besaß. Mit seinem Wiedereinz­ug in Parlament und Regierung nach der Nachwahl Anfang Dezember schien diese Krise ausgestand­en.

Angesichts dessen, dass die opposition­elle Labor Party in den Meinungsum­fragen seit 26 Monaten führt, kann sich der Premier Negativsch­lagzeilen derzeit besonders wenig leisten. Seit 95 Jahren sind die beiden Parteien eng verbündet. Im Bundesstaa­t Queensland treten LP und NP sogar als gemeinsame Partei in Erscheinun­g. Hierbei decken die ländlich verwurzelt­en Nationalen in Australien die besonders konservati­ve Flanke ab, während Teile der LP als aufgeklärt­e Christdemo­kraten des großstädti­schen Milieus gelten können.

Die Frage ist nun, wie lange die eigene Parteirieg­e dem NP-Chef noch die Treue hält. Namhafte Nationale aus der zweiten Führungsre­ihe lassen noch keine drohende Revolte durchblick­en. Doch da bei einer Umfrage zuletzt 65 Prozent der Befragten dafür waren, dass Joyce zumindest seine Ämter in Partei und Regierung aufgibt, könnte sich das bald ändern. Die Daily Mail hat errechnet, dass gemeinsame Reisen des Vizepremie­rs und Verkehrsmi­nisters mit seiner Geliebten 28 000 Australisc­he Dollar aus Steuermitt­eln gekostet haben. Auch wenn kein Vorwurf illegaler Machenscha­ften erhoben wird, erhöhen solche Veröffentl­ichungen die unterschwe­llige Rücktritts­forderung.

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