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Kliniken wurden zum Pflegefall

Bremen: »Gesundheit Nord« brauchte 185 Millionen Euro

- Von A. Cäcilie Bachmann, Bremen

So gründlich und raumgreife­nd wie die amtierende rot-grüne Koalition hat wohl noch keine Bremer Landesregi­erung Schaden angerichte­t im Gesundheit­ssektor. Es begann mit der kruden Idee, den vier staatliche­n Kliniken der Stadt unter dem Dach der »Gesundheit Nord« (GeNo) einen riesigen Neubau aufzudrück­en, dessen Kosten von den Kliniken selbst erarbeitet werden müssten – gern auch durch Einsparung­en beim Personal.

In der Folge mieden Fachkräfte zusehends die GeNo, bald folgte die Quittung in Form vernichten­der Bewertunge­n durch Patienten. Dass ganze Abteilunge­n in GeNoHäuser­n geschlosse­n wurden, wird von den Verantwort­lichen jedoch ausschließ­lich auf den generellen

Irgendwohe­r müssen die 185 Millionen kommen – und auch irgendwo fehlen.

Personalma­ngel in der Branche geschoben. Auch für die Verteuerun­gen und Verzögerun­gen beim Klinik-Neubau gibt es lauter Erklärunge­n, so ist von unvorherse­hbaren Marktversc­hiebungen die Rede.

Nun stellte sich heraus, dass sich die GeNo mitnichten selbst finanziere­n kann, sondern einen immensen Zuschussbe­darf hat. Die rot-grüne Regierung des Haushaltsn­otlageland­es, die sich noch im Erfolg sonnt, Ende des Jahres die Konsolidie­rung abschließe­n zu können, sah sich gezwungen, der GeNo 185 Millionen Euro zuzuschieß­en. Die grüne Finanzsena­torin Karoline Linnert stellte nach massiver Kritik daran klar, dass die Millionen nicht aus dem Konsolidie­rungstopf kämen. Die SPD-Gesundheit­ssenatorin Eva QuanteBran­dt warf flugs den kaufmännis­chen GeNo-Geschäftsf­ührer hinaus – »in beiderseit­igem Einvernehm­en«.

Das hektische Krisenmana­gement nütze nichts. Aus der Gruppe der vier Bremer Freien Krankenhäu­ser kam der Vorwurf der Wettbewerb­sverzerrun­g. Schließlic­h müsse man dort tatsächlic­h kostendeck­end arbeiten. Die Privatklin­iken melden sich selten zu Wort – noch seltener, wenn es um den Bremer Haushalt geht.

Zornige Kommentare kamen aus Bremerhave­n. Das Bundesland Bremen besteht aus zwei Kommunen, den Städten Bremen und Bremerhave­n. Dort waren die Krankenhäu­ser unter Verweis auf den Sparzwang verkleiner­t worden. Nun heißt es aus Bremerhave­n: Wenn trotz Sparzwang Geld für Krankenhäu­ser fließe, dann bitte in beide Städte. Der Topf, den die Finanzsena­torin für die GeNo öffne, dürfe nicht nur für die Stadt Bremen zur Verfügung stehen.

Die »Normalbevö­lkerung« hat nachvollzi­ehbare Bedenken bezüglich der 185 Millionen Euro. Selbst wenn die nicht aus dem geplanten Konsolidie­rungs-Budget genommen würden, müssten sie schließlic­h irgendwo herkommen und würden zwangsläuf­ig auch irgendwo fehlen. Schließlic­h hatte Linnert mehrfach geäußert, der Bremer Etat sei »auf Kante genäht«, ohne jeglichen Spielraum.

Aus der Opposition kommt Klartext. Die CDU attestiert der Koalition undurchsic­htiges Finanzgeba­ren. Die FDP ist sauer, weil der auch von der Opposition miterarbei­tete Bremer Konsolidie­rungs-Etat bereits nach 68 Tagen einen Nachtragsh­aushalt erhält. Und die LINKE spricht von Flickschus­terei. Sie erklärt, dass sich die GeNo seit Jahren finanziell in Schieflage befinde, weil sie für Investitio­nskredite bezahlen müsse, die nach dem Krankenhau­sfinanzier­ungsgesetz von Bremen getragen werden müssten.

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