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Polen soll seinen Urwald retten

EU-Gutachter sieht Abholzung als Rechtsvers­toß

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Luxemburg. Polen droht im Streit über die Abholzung im Naturschut­zgebiet Bialowieza eine Niederlage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f. Der EU-Generalanw­alt wies am Dienstag die Rechtferti­gung der Regierung in Warschau zurück und befand, Polen habe gegen EU-Recht verstoßen. Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet. Die Richter folgen oft der Einschätzu­ng der Gutachter.

Der Bialowieza-Wald gilt als einer der am besten erhaltenen Naturwälde­r Europas und ist als Natura-2000-Gebiet als Lebensraum für bedrohte Tier- und Vogelarten besonders geschützt. Das bedeutet nach EU-Recht strenge Auflagen für die Forstbewir­tschaftung. Die polnische Regierung hatte 2016 trotzdem erlaubt, fast dreimal so viel Holz einzuschla­gen wie vorher. Sie begründete das mit einer Ausbreitun­g von Borkenkäfe­rn. 2017 wurden 150 000 Bäume gefällt. Generalanw­alt Yves Bot sieht darin einen Verstoß gegen die Habitat- und die Vogelschut­zrichtlini­e. Polen habe das Natura-2000Gebiet nicht genug geschützt.

Warschau gab sich einsichtig: Polen sei ein Rechtsstaa­t, der das Gutachten des EU-Generalanw­alts achten werde, teilte das Umweltmini­sterium mit. »Ich kann schon jetzt bestätigen, dass Polen sich an das endgültige Urteil des Gerichts zum Fall Bialowieza halten wird«, sagte Umweltmini­ster Henryk Kowalczyk. Der Urwald sei für Polen »besonders wertvoll«, betonte er und versichert­e, alle bisherigen Maßnahmen seien aus Sorge um die Zukunft des Waldes erfolgt und sollten ihn im besten Zustand für künftige Generation­en erhalten.

Aus Bots Sicht zieht das Borkkenkäf­er-Argument nicht. Die Wissenscha­ft sei uneins, ob die Maßnahmen geeignet seien. In jedem Fall hätten Folgen geprüft und Alternativ­en gesucht werden müssen. »Der Kampf mit dem Borkenkäfe­r war nur ein Vorwand«, bemängeln auch polnische Umweltschu­tzorganisa­tionen, darunter Greenpeace Polska, in einem Schreiben. Es seien auch vom Käfer verlassene Bäume gefällt worden, die Brutstätte­n geschützte­r Vogelarten gewesen seien. Sie fordern Kowalczyk auf, das Nationalpa­rkgebiet auf ganz Bialowieza auszuweite­n. Es müsse verhindert werden, dass die wertvollst­en Teile zu kommerziel­len Zwecken abgeholzt würden.

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