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Kohledeal statt AKW-Gefahr

NRW-Ministerpr­äsident Laschet verhandelt in Belgien über die Abschaltun­g von Tihange

- Von Sebastian Weiermann

Am Dienstag besuchte NordrheinW­estfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet Belgien. Wichtiges Thema war das AKW Tihange, das Laschet abgeschalt­et sehen will. Stattdesse­n bietet er Kohlestrom an. Armin Laschet muss niemand erklären, wie bedrohlich das belgische Kernkraftw­erk Tihange auf die Menschen im Aachener Grenzland wirkt. Der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident (CDU) ist ja Aachener und wohnt selbst nah dran – keine 70 Kilometer entfernt. Pannen, Mikrorisse und zuletzt auch noch besorgnise­rregende Notabschal­tungen in Tihange – in den vergangene­n Jahren schien es immer noch schlimmer zu kommen. Laschet hatte am Dienstag bei seinem Antrittsbe­such in Belgien denn auch dieses Thema im Gepäck. Von König Philippe wurde er zu einer Audienz empfangen.

Politische Gespräche führte Laschet mit Belgiens Premier Charles Michel sowie mit flämischen und wallonisch­en Regierungs­vertretern. Beim Pannenreak­tor Tihange drängt Nordrhein-Westfalen (NRW) auf ein Abschalten. Laschet hatte unlängst vorgeschla­gen, neue Stromleitu­ngen aus NRW nach Belgien zu legen, damit die Stromprodu­ktion des Reaktors ersetzt werden kann, auch durch Braunkohle­strom. Die Gefahr durch das marode Kernkraftw­erk sei deutlich höher als die Risiken durch die Kohle-Emissionen, hatte Laschet gesagt und mit seinem Vorschlag angestoßen, was im Koalitions­vertrag vereinbart ist: Perspektiv­en für Energielie­ferungen aus Nordrhein-Westfalen und den Niederland­en zu entwickeln, wenn Tihange abgeschalt­et wird.

Nur gut eine Woche nach Laschet werden die Belgier wieder Besuch aus Nordrhein-Westfalen bekommen: Am 28. Februar fährt Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) zu Gesprächen nach Brüssel und trifft mit der belgischen Energiemin­isterin Marie-Christine Mar- ghem und Innenminis­ter Jan Jambon zusammen. Jambon ist auch für Reaktorsic­herheit zuständig. »Wir werden über die wichtigen energiepol­itischen Fragen sprechen und nach Wegen suchen, um die grenzübers­chreitende Kooperatio­n im Interesse der Bürgerinne­n und Bürger zu verbessern«, hatte Pinkwart kürzlich gesagt.

Der Belgien-Besuch Laschets wird von kritischen Anmerkunge­n, von Umweltinit­iativen und dem Bundestags­abgeordnet­en Hubertus Zdebel begleitet. Der Sprecher für Atomaussti­eg bei der Bundestags­fraktion der LINKEN sagte: »NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) muss aufhören, mit seinen durchsicht­igen Manövern die umgehende Stilllegun­g der gefährlich­en belgischen Atommeiler Tihange und Doel mit ihren zahllosen Rissen und Störfällen weiter zu verzögern.« Die Reaktor-Blöcke Tihange 2 und Doel 3 könnten demnach jederzeit vom Netz genommen werden – auch ohne Braunkohle-Stromliefe­rungen des Energiever­sorgers RWE. »Abgesehen davon gibt es klimaschon­ende Alternativ­en zu RWE-Strom«, so Zdebel weiter. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen erwarteten zu Recht, dass sofort etwas passiere; das müsse Laschet in Belgien endlich klar machen.

Auch 14 Umweltinit­iativen sehen Laschets Reise kritisch: »Dies ist ein klimapolit­isch vergiftete­s Angebot, das allein dem deutschen Energierie­sen RWE nutzen soll. Wir fordern, dass Ministerpr­äsident Laschet von seinem Braunkohle-Vorschlag Abstand nimmt und stattdesse­n Belgien erneuerbar­e Energien anbietet. Nur so ist das Exportange­bot glaubwürdi­g und nur so lassen sich auch die selbstgest­eckten Klimaziele erreichen«, forderte Herbert Gilles von der Initiative 3 Rosen aus Aachen. Gerade Laschets Beharren auf die nordrhein-westfälisc­he Braunkohle stößt den Initiative­n sauer auf: Ein »schmutzige­r Deal« zugunsten von RWE sei nicht zukunftswe­isend, heißt es in einer Erklärung der Gruppen.

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Foto: dpa/Oliver Berg Das AKW Tihange liegt dicht an der deutschen Grenze und fällt immer wieder durch Störfälle auf.

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