Der Schufa auf die Finger klopfen
Initiative kritisiert Intransparenz von Bonitätsfirmen / Auskunftei weist Kritik von sich
Die Open Knowledge Foundation und AlgorithmWatch wollen mit »OpenSCHUFA« eine Debatte um das »Scoring« lostreten. Zudem fordern sie, Bonitätsfirmen stärker zu kontrollieren. »Wir schaffen Vertrauen«, heißt es auf der Internetseite der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa). Wie sich jedoch der sogenannte Score der Auskunftei, nach dem BürgerInnen von Unternehmen auf ihre Kreditwürdigkeit hin überprüft werden können, zusammensetzt und welcher Algorithmus diesen berechnet, ist in weiten Teilen ein wohl gehütetes Geheimnis.
Das soll sich nach dem Willen der Nichtregierungsorganisationen »AlgorithmWatch« und »Open Knowledge Foundation« (OKFDE) bald ändern. Mit der nun gestarteten Kampagne »OpenSCHUFA« wollen die OrganisatorInnen eine Debatte über das sogenannte Scoring und die Effekte solcher Verfahren anstoßen. Bonitätsfirmen wie die Schufa als prominentestes Beispiel sollen dadurch zu mehr Transparenz bewegt werden, bestätigte Walter Palmetshofer von der OKFDE gegenüber »nd«. Der Algorithmus, der hinter dem Schufa-Score steckt, solle – zumindest in Teilen – »geknackt« werden und der Öffentlichkeit so Einsicht in das nebulöse Verfahren des Unternehmens gewähren, heißt es auf der Kampagnenseite. Damit könnte unter Umständen analysiert werden, ob die Schufa möglicherweise aufgrund von Wohnort oder anderen personenbezogenen Daten VerbraucherInnen diskriminiert.
Die Auskunftei weist den Vorwurf der Diskriminierung von sich: »Es spielt keine Rolle, ob Sie in einer ›guten‹ oder ›weniger guten‹ Gegend wohnen«, heißt es online. Lediglich in Ausnahmefällen, etwa wenn der Organisation zu einer angefragten Person keinerlei Informationen vorlägen, werde auf die Adressdaten zurückgegriffen und »nur dann, wenn dies von unserem Kunden explizit gewünscht wird.«
In einer Stellungnahme bezeichnete das Unternehmen die Aktion von OKFDE und AlgorithmWatch als »klar gegen die übergeordneten Interessen von Wirtschaft, Gesellschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland gerichtet.« Wer die Scoreformel offenlegen wolle, leiste »Vorschub für Missbrauch und Betrug« und führe die »Allgemeinheit unter dem Deckmantel der Transparenz in die Irre«, heißt es in dem Statement weiter. Die Aktiengesellschaft warnte zudem davor die Datenübersicht an Dritte weiterzugeben.
Zum Auftakt der »OpenSCHUFA«Kampagne sollen nun via Crowdfunding mindestens 30 000 Euro eingesammelt werden. Dies diene dazu, eine Analysesoftware von ExpertInnen entwickeln zu lassen, die dann die freiwilligen Selbstauskünfte aller Teilnehmenden anonymisiert auswerten könne, erklärte Palmetshofer.
Bislang gab es laut »OpenSCHUFA« mehr als 7600 Anfragen auf Schufa-Auskünfte und tausende weitere Anfragen an andere Auskunfteien. Das Crowdfunding stand bis Redaktionsschluss bei über 26 000 Euro von mehr als 960 SpenderInnen. Insgesamt 10 000 Datensätze von Privatpersonen wären nötig, um den Erfolg der Aktion zu garantieren, sagt Palmetshofer. Zwar sei man sich darüber bewusst, dass man nicht alle von negativem Scoring betroffene Personen mit der Kampagne erreichen werde, Hauptziel sei jedoch, Auskunfteien durch ausführliche Untersuchungen unabhängiger gesellschaftlicher Institutionen zu überwachen.
813 Millionen Informationen zu 67,2 Millionen Privatpersonen besitzt die Schufa derweil nach eigenen Angaben. Im Jahr 2016 wiesen laut »Kredit Kompass 2017« insgesamt 9,3 Prozent der deutschen VerbraucherInnen mindestens ein oder mehrere Negativmerkmale auf. Das könne mitunter drastische Einschnitte für die Betroffenen haben, sagt Palmetshofer. Die von der Schufa gesammelten Informationen zur Kreditwürdigkeit von VerbraucherInnen können in manchen Fällen entscheidend für die Abwicklung von Kaufverträgen sein, etwa bei Bestellungen auf Rechnung, Mobilfunkverträgen oder Krediten.
In vielen Großstädten fordern VermieterInnen von potenziellen MieterInnen eine Selbstauskunft. Diese umfasst immer häufiger auch eine (frei- willige) Selbstauskunft der Schufa. Dazu hieß es gegenüber »nd«: »Wenn ein Verbraucher seinen Score dennoch an einen Vermieter weitergibt, kann dies nicht der Schufa angelastet werden.« Gegenüber »nd« wies die Schufa die Aussage, der Score sei entscheidend für die Möglichkeit, eine Mietwohnung zu bekommen, entschieden zurück. Und stellte dar: »Die Schufa ist die einzige Auskunftei, die aufgrund einer Selbstverpflichtung keine Scorewerte an die Immobilienwirtschaft übermittelt.«
In vielen Großstädten mit akutem Wohnungsmangel fürchten Wohnungssuchende derweil, ohne diese »freiwillige« Selbstauskunft von vornherein bei der Auswahl aussortiert zu werden – auch wenn dies per Gesetz unzulässig ist.