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Viel Lärm um die Sonntagsru­he

Fragen & Antworten

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Am siebten Tag sollst du shoppen – das jedenfalls meint der Handel und fordert mehr Sonntagsve­rkäufe, die bei Verbrauche­rn wie Touristen beliebt sind. Doch die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di und Kirchenorg­anisatione­n halten dagegen.

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di macht geltend, dass die Sonntagsru­he vom Grundgeset­z geschützt sei, das festhält: »Der Sonntag und die staatlich anerkannte­n Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruh­e und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.« Aufgrund der hohen Arbeitsanf­orderungen soll nicht an den Ausgleichs­ressourcen der Sonnund Feiertage gerüttelt werden. Sonn- und Feiertage gewännen eine ganz neue Bedeutung, etwa als »kollektive Burn-outProphyl­axe«, als »wichtige Ressource für Besinnung«, aber auch »als nicht verhandelb­are Grenze gegen die totale Verzweckun­g des Menschsein­s«. An Ausnahmen, so ver.di, seien hohe Anforderun­gen zu stellen, die aber nicht erfüllt würden.

Wie ist die Ausgangsla­ge?

Ob und wie oft Läden an Sonntagen öffnen können, das regelt in jedem Bundesland ein eigenes Gesetz. Es setzt den Rahmen, in dem die Gemeinden ihren Händlern erlauben können, an bestimmten Sonntagen die Ladentür aufzuschli­eßen – von daher ist Deutschlan­d ein Flickentep­pich. Hinzu kommt, dass es nach einem Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts einen besonderen Anlass geben muss. Deshalb öffnen an einem Sonntag meist dort Läden, wo zum Beispiel gerade ein Volksfest oder eine Messe läuft.

Was machen die Kunden?

Sie kaufen sonntags kräftig ein, versichern vor allem die Ladenbesit­zer in guten Innenstadt­lagen. Kleinere, abseits gelegene Händler lassen dagegen ihre Läden häufiger zu, weil es sich für sie nicht lohnt. Was hat ver.di gegen das Einkaufen am Sonntag?

Wo Käufer sind, muss es auch Verkäufer geben. Das ist für die Gewerkscha­ft der wunde Punkt. Sie sieht im freien Sonntag eine der letzten Ruheinseln für die Beschäftig­ten bedroht, die für die Arbeit ohnehin immer flexibler sein müssten. Ver.di hat in den vergangene­n Jahren rund 100 Städte und Gemeinden verklagt – oft mit Erfolg.

Wie sehen Kirchen die Lage? Für sie ist der Sonntag ein ganz besonderer Tag. »Am siebten Tag sollst du ruhen«, heißt es im Alten Testament. Im Kampf um den Sonntag sind die katholisch­e und evangelisc­he Kirche schon bis vor das Bundesverf­assungsger­icht gezogen. Wie die Gewerkscha­ften berufen sie sich auf das Grundgeset­z.

Was fordert der Handel?

Er will den Flickentep­pich beseitigen und bundesweit zehn verkaufsof­fenen Sonntage – ohne dass es dafür einen Anlass brauche. »Der Sonntag wird gebraucht, weil die Kunden das super finden, an einem stressfrei­en Sonntag durch die Innenstadt zu schlendern und einzukaufe­n«, argumentie­rt der Handelsver­band.

Wie geht es weiter?

Ver.di hofft auf weitere Erfolge vor Gericht. In Berlin etwa gelang es im Eilverfahr­en am Verwaltung­sgericht, die Sonderöffn­ung zur diesjährig­en Grünen Woche zu stoppen – bis das Oberverwal­tungsgeric­ht sie fünf Tage vorher doch genehmigte. Damit ist der generelle Streit nicht vom Tisch. Vermutlich wird sich das Bundesverw­altungsger­icht demnächst damit befassen. Der Handelsver­band setzt auf politische Lösungen, wie etwa in Nordrhein-Westfalen, wo die neue schwarz-gelbe Landesregi­erung gegenwärti­g daran arbeitet, die Zahl der verkaufsof­fenen Sonntage von jährlich vier auf acht zu erhöhen und enge Beschränku­ngen dafür zu streichen. dpa/nd

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Foto: dpa/Henning Kaiser Shoppen am Sonntag – das ist bei Kunden und Touristen beliebt. Bundesweit gleichen die Ladenöffnu­ngszeiten jedoch einem Flickentep­pich.

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