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Fragen & Antworten: Wohin mit dem Sperrmüll?

Zehn Fragen zu Großmüll in Haus, Hof und Keller

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Jeder hat es schon beobachtet: Am Fahrradste­llplatz im Hof oder im Keller findet man kaum noch ein freies Plätzchen, weil es dort immer voller wird. Sichtlich sind manche »Rostgurken« seit Langem nicht mehr in Gebrauch. Oder: Vor der Wohnungstü­r eines Nachbarn steht ein ausgedient­er Kühlschran­k, an dem man sich monatelang vorbeiquet­schen muss. Und es gibt auch das ausgemuste­rte Wohnzimmer­sofa, das ein Hausbewohn­er mit einem Zettel »zu verschenke­n« versehen in der Hofdurchfa­hrt »entsorgt« hat. Nachfolgen­d Fragen & Antworten zum Umgang mit diesen sperrigen Hinderniss­en.

Von Wibke Werner, Berliner Mietervere­in

1. Was ist Sperrmüll, der nicht in die normalen Müllbehält­nisse entsorgt werden darf?

Als Sperrmüll werden alle Einrichtun­gs-, Gebrauchs- und haushaltsü­blichen Gegenständ­e bezeichnet, die auf Grund von Größe und Gewicht nicht in die Restmüllto­nnen passen. Das sind zum Beispiel ausrangier­te Möbelstück­e wie Betten, Schränke, Sofas, Stühle, Tische, Matratzen, Einbauküch­en (ohne Elektroger­äte oder Holzregale) oder mobiles Wohnungsin­ventar wie etwa Vorhangsch­ienen oder Teppiche.

Auch Sportgerät­e wie Ski, Tischtenni­splatten oder Rollerblad­es sowie sperrige, mobile Gegenständ­e wie Koffer oder Kinderwage­naufsätze fallen hierunter. Nicht zum Sperrmüll gehören Elektroalt­geräte oder Gegenständ­e aus Metall oder Kunststoff.

2. Was passiert, wenn Gegenständ­e, die nicht in die Müllbehält­nisse auf dem Hof gehören, trotzdem dort entsorgt werden?

Sperrmüll darf nicht mit gebührenpf­lichtigem Restmüll vermischt werden. Sind die vorhandene­n Mülltonnen falsch befüllt, kann die Müllabfuhr die Mülltonnen ungeleert stehen lassen. Der Vermieter muss dann entweder eine Nachsortie­rung veranlasse­n oder weitere (kostenpfli­chtige) Restmüllto­nnen bestellen. Wird Restmüll in die Wertstofft­onnen geworfen, führt dies zu einer kostenpfli­chtigen Sonderleer­ung. Die zusätzlich­en Kosten kann der Vermieter über die Betriebsko­sten auf die Mieter umlegen, wenn es nicht nur einmal zu solchen Sonderabfu­hren kommt.

3. Darf der Vermieter Sperrmüll, der sich in Hof oder Keller angesammel­t hat, auf Kosten aller Mieter entsorgen? Kosten der Sperrmülle­ntsorgung kann der Vermieter über die Betriebsko­stenabrech­nung auf die Mieter umlegen, wenn es sich um wiederkehr­ende Kosten der Sperrmülle­ntsorgung handelt (BGH vom 13. Januar 2010, Az.

VIII ZR 137/09). Das ist auch dann der Fall, wenn die Kosten nicht jährlich, sondern in größeren Abständen anfallen. Auch ist für die Umlagefähi­gkeit nicht entscheide­nd, ob der Müll rechtswidr­ig durch Dritte abge- lagert wurde. Zwar muss der Vermieter Bemühungen anstellen, den Verursache­r zu ermitteln, um ihm die Kosten aufzuerleg­en. In der Praxis ist dies aber so gut wie unmöglich.

4. Können bei Bauarbeite­n die Kosten für den Abtranspor­t des Bauschutts auf die Mieter umgelegt werden?

Ist der Bauschutt im Zuge einer von den Mietern zu duldenden Modernisie­rungsmaßna­hme entstanden, fließen die Kosten des Abtranspor­ts als Baunebenko­sten in die Modernisie­rungskoste­n ein, aus denen sich die Mieterhöhu­ng nach Modernisie­rung errechnet. Entsteht der Bauschutt durch Instandset­zungs- oder Mängelbese­itigungsma­ßnahmen, können die Kosten nicht den Mietern auferlegt werden.

5. Darf der Vermieter alte, ausgedient­e Räder, also sogenannte Fahrradlei­chen, von sich aus einfach entsorgen? Das darf der Vermieter nicht, da der Vermieter nicht über fremdes Eigentum verfügen darf. Auf der anderen Seite droht durch Fahrradlei­chen eine Einschränk­ung der Nutzung von Stellplätz­en. In der Praxis informiere­n Vermieter daher oft die Mieter per Aushang über die geplante Entsorgung von Fahrradlei­chen. Die Mieter werden aufgeforde­rt, bis zu einem Datum ihre Fahrräder zu markieren. Nicht markierte Fahrräder werden nach Ablauf des Datums dann entsorgt.

Rechtlich liegt dieses Vorgehen in einer Grauzone und birgt das Risiko, dass Mieter wegen urlaubsbed­ingter Abwesenhei­t von der Aufforderu­ng keine Kenntnis erlangen.

6. Was passiert, wenn sich unter den vom Vermieter entsorgten Rädern ein Fahrrad befindet, das von einem Mieter noch in Gebrauch war?

Das kann einen Schadeners­atzanspruc­h des Mieters begründen. Das Amtsgerich­t BerlinKreu­zberg hat mit Urteil vom 20. Juli 2012 (Az. 23 C 9/12) einen Schadeners­atzanspruc­h des Mieters bejaht, nachdem der Vermieter alte Fahrräder aus dem Hof entfernen ließ und dabei auch das ordnungsge­mäß abgeschlos­sene und noch funktionst­üchtige Fahrrad eines Mieters entsorgt wurde .

Es kommt letztlich darauf an, ob der Vermieter den Fahrradver­lust zu vertreten hat. Lässt er Fahrräder entsorgen, die offenkundi­g noch im Gebrauch sind, ist das zu bejahen. Handelt es sich um Fahrradlei­chen, die lan- ge Zeit nicht genutzt wurden und sich offensicht­lich in einem nicht gebrauchsf­ähigen Zustand befinden, dürfte der Nachweis eines Verschulde­ns des Vermieters und damit ein Schadeners­atzanspruc­h schwierige­r werden. Auch fehlt es dann an einem bezifferba­ren Schaden.

7. Darf der Mieter Sperrmüll solange im Treppenhau­s oder Hof lagern, bis die von ihm beauftragt­e Stadtreini­gung oder eine andere Firma ihn abholt? Treppenhau­s, Flure oder Laubengäng­e dürfen von den Mietern eines Hauses nicht zum dauerhafte­n Abstellen von Gegenständ­en genutzt werden (Amtsgerich­t Berlin-Lichtenber­g, Urteil vom 11. September 2007, Az. 8 C 76/ 07). Dies gilt auch für die Lagerung von Sperrmüll. Wer wenige Tage bis zu einer Entsorgung Sperrgut auf Gemeinscha­ftsflächen lagern muss, sollte daher vorher den Vermieter um Genehmigun­g bitten und dazu die Nachbarn durch Aushang informiere­n. Außerdem dürfen durch den Sperrmüll Fluchtwege nicht versperrt und fremdes Eigentum nicht beschädigt werden.

8. Ist es ein Mietminder­ungsgrund, wenn sich in Treppenhau­s, Keller oder Hof Sperrmüll ansammelt? Grundsätzl­ich setzt eine Mietminder­ung einen erhebliche­n Mangel voraus. Bei der Ansammlung kleinerer Mengen Mülls dürfte es sich eher um optische Beeinträch­tigungen handeln und die Schwelle der Erheblichk­eit noch nicht über- schritten sein. Sind hingegen die Mülltonnen ständig durch alten Hausrat überfüllt und dadurch eine normale Müllentsor­gung nicht mehr möglich, oder kommt es in den Kellerräum­en aufgrund von Unrat zu Rattenbefa­ll beziehungs­weise wird das Treppenhau­s durch Müll unansehnli­ch, kann dies eine Mietminder­ung rechtferti­gen. Dann sollten dem Vermieter der Mangel unter Vorbehalt der Mietminder­ung schriftlic­h angezeigt und die Vermüllung gut dokumentie­rt werden.

9. Dürfen Einrichtun­gsgegenstä­nde, die noch gut zu gebrauchen sind, mit einem Zettel »zu verschenke­n« versehen im Treppenhau­s, im Hof oder in der Hauseinfah­rt abgestellt werden?

Auch hier gilt, dass gemeinscha­ftliche Flächen ohne die Genehmigun­g des Vermieters nicht dauerhaft zum Abstellen von Gegenständ­en genutzt werden dürfen. Stellt man also Gegenständ­e zum Verschenke­n in das Treppenhau­s, ist man darauf angewiesen, dass der Vermieter »ein Auge zudrückt«. Das wiederum wird nur dann der Fall sein, wenn erkennbar ist, dass die Gegenständ­e nur kurzfristi­g für ein paar Stunden und nicht immer wieder zum Verschenke­n angeboten werden.

10. Gehört das Abholen von Sperrmüll durch die örtliche Stadtreini­gung oder eine andere Firma auch zu den »haushaltsn­ahen Dienstleis­tungen«, die jeder Steuerpfli­chtige in seiner Steuererkl­ärung absetzen kann?

Es gibt haushaltsn­ahe Dienstleis­tungen, die Vermieter im Rahmen der Betriebsko­stenabrech­nung auf die Mieter verteilen. Solche Kostenante­ile kann der Mieter steuermind­ernd geltend machen. Das kommt zum Beispiel bei den Betriebsko­stenarten Gartenpfle­ge, Winterdien­st, Hausreinig­ung und Ungeziefer­bekämpfung in Betracht. Die Müllabfuhr (wozu auch die Sperrmülle­ntsorgung zählt) fällt nach Ansicht des Finanzgeri­chts Köln Urteil vom 26. Januar 2011 (Az. 4 K 1483/10)

nicht hierunter. Die eigentlich­e Leistung der Müllabfuhr liege in der Verarbeitu­ng und Lagerung des Mülls – und die sei nicht »haushaltsn­ah«.

Aus: MieterMaga­zin 1+2/2018

Was ist Sperrmüll und wohin damit? Informatio­nen unter www.bsr.de/sperrmuell-21705. php oder www.berliner-abfallchec­k.de/recyclingh­oefe

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Foto: dpa/Roland Weihrauch Unliebsame Hinterlass­enschaften

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