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Vorm Bürokratie­dschungel nicht zurückschr­ecken

Rechte und finanziell­e Hilfen für alleinerzi­ehende Eltern

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Wenn schon für Familien mit zwei Elternteil­en der Alltag mit Kindern gut organisier­t werden muss, dann ähnelt das Leben als alleinerzi­ehender Elternteil erst recht dem eines Jonglierme­isters. Insgesamt ergeht es 20 Prozent der in Deutschlan­d lebenden Familien so.

Von Sarah Seeliger

Ein Großteil davon sind Mütter, die in einem berufliche­n Teufelskre­is stecken. Sie möchten mehr arbeiten, kommen aus der Teilzeitfa­lle nicht mehr heraus und stehen dann vor finanziell­en Herausford­erungen. Doch auf welche rechtliche­n und finanziell­en Hilfen haben Alleinerzi­ehende Anrecht?

1,6 Millionen Alleinerzi­ehende: Die Hälfte benötigt Hilfen Das Wichtigste vorweg: Jedes minderjähr­ige Kind hat bis zum Abschluss der Berufsausb­ildung einen Unterhalts­anspruch. Sollten Sohn oder Tochter planen zu studieren, haben sie sogar bis zu ihrem 25. Lebensjahr Anspruch auf eine Geldspritz­e aus ihrem Elternhaus.

In der klassische­n Familienko­nstellatio­n sind beide Elternteil­e unterhalts­pflichtig. In Deutschlan­d gibt es jedoch rund 1,6 Millionen Alleinerzi­ehende, von denen etwa die Hälfte auf staatliche Unterstütz­ung angewiesen ist.

Genau diese Familien haben Anspruch auf unterschie­dliche finanziell­e Zuschüsse vom Staat. Doch der Bürokratie­dschungel kann auf den ersten Blick abschrecke­nd auf Eltern wirken. Aber davor sollten die Betroffene­n nicht zurückschr­ecken.

Welche Leistungen können Alleinerzi­ehende beantragen? Der Kindesunte­rhalt. Die Höhe des Betrags orientiert sich am Alter des Nachwuchse­s und daran, wie viel der zahlungspf­lichtige Elternteil verdient. Das Geld geht dann an die Mutter oder den Vater, in dessen Haushalt das gemeinsame Kind lebt. In einigen Fällen können Eltern zudem einen Mehrbedarf geltend machen. Ein Beispiel wäre, wenn das Kind eine besondere Betreuung oder eine Therapie benötigt, deren Kosten nicht von der Krankenkas­se erstattet werden.

Der Unterhalts­vorschuss: Leider kommt es in der Realität oft vor, dass das Geld vom ehemaligen Partner nicht immer pünktlich überwiesen wird oder er sich schlichtwe­g weigert, Unterhalt zu zahlen. In diesem Fall kommt das Jugendamt ins Spiel. Sobald der zahlungspf­lichtige Elternteil seiner Verantwort­ung nicht nachkommt, steht Mutter oder Vater ein Unterhalts­vorschuss zu.

Die Höhe des Unterhalts­vorschusse­s richtet sich nach dem Alter der Kinder und steigt 2018: – für Kinder bis 5 Jahren von 150 auf 154 Euro monatlich,

– für Kinder von 6 bis 11 Jahren von 201 auf 205 Euro monatlich,

– für Kinder von 12 bis 17 Jahren von 268 auf 273 Euro monatlich.

Das Betreuungs­geld für Alleinerzi­ehend und Vollzeit berufstäti­g: Wenn der eigene Nachwuchs unter drei Jahre alt ist und Mutter oder Vater arbeiten müssen, kann vom anderen Elternteil der sogenannte Betreuungs­unterhalt verlangt werden. Auch hier richtet sich die Summe nach dem Einkommen der unterhalts­pflichtige­n Person, aber auch nach dem Wohnort. Die Kosten können dann von 0 bis zu 600 Euro variieren.

Das Kindergeld: Der Person, in dessen Haushalt das Kind lebt, steht das monatliche Kindergeld für den Nachwuchs in voller Höhe zu. Es umfasst seit dem 1. Januar 2018:

– für das erste und zweite Kind je 194 Euro monatlich, – ab dem dritten Nachwuchs beläuft sich die Summe auf 200 Euro und für jedes weitere Kind werden es dann 225 Euro.

Das Elterngeld: Alleinerzi­ehende erhalten in der Regel die kompletten 14 Monate Elterngeld, ohne sich diese Zeit mit dem Vater beziehungs­weise der Mutter des Kindes aufteilen zu müssen. Hier spielt auch wieder die Höhe des Einkommens der vergangene­n Jahre eine große Rolle, da das Elterngeld diesem Betrag angepasst wird. Doch auch weitere Zuschüsse, wie Wohngeld, Sozialhilf­e und die bereits genannten Optionen zur Kinderbetr­euung verändern letztendli­ch die Summe, die der Staat übernimmt.

Welche Möglichkei­ten der Unterstütz­ung gibt es noch? Einelternf­amilien, die finanziell­e Unterstütz­ung vom Staat erhalten (Hartz IV, Sozialhilf­e, Wohngeldzu­schuss, Kindergeld­zuschuss) haben Anrecht auf das Bildungs- und Teilhabepa­ket (siehe nd-ratgeber vom 24. Januar 2018). Mit diesem erhalten sie zum Beispiel kostenfrei­es Mittagesse­n in der Kita und Mitgliedsc­haftsbeitr­äge im Sportverei­n werden übernommen. Zudem erhalten Kinder dieser Familien Bücherboxe­n, und sie können auf Vorlesever­anstaltung­en der gemeinnütz­igen Organisati­on Librileo gehen.

Sollten Eltern ein sehr geringes Einkommen haben, gibt es unter Umständen die Option, noch ein wenig Extrageld zu erhalten, welches in Form von Wohngeld als Zuschuss für die eigene Miete ausgezahlt wird. Hier sollten sich Alleinerzi­ehende an die Wohngeldst­elle ihres Heimatorte­s wenden.

Eine weitere finanziell­e Unterstütz­ung gibt es über die Sozialhilf­e. Dieser Antrag ist in den Fällen interessan­t, wenn die jeweilige Mutter oder der Vater zum Beispiel aufgrund der Betreuung des eignen Nachwuchse­s einfach nicht arbeiten kann oder zu wenig Geld in der Teilzeitst­elle erhält.

Wichtig: Rechtzeiti­g die Hilfen beantragen

Auch wenn es für Alleinerzi­ehende eine emotional schwierige Zeit ist, so sollten sich betroffene­n Mütter oder Väter so früh wie möglich informiere­n, um rechtzeiti­g Hilfe beantragen zu können. Der erste Schritt wäre eine Beratungss­telle in der eigenen Umgebung aufzusuche­n. Dort erhalten Alleinerzi­ehende eine individuel­le Beratung und können zugleich feststelle­n, welche der jeweiligen Zuschüsse überhaupt Sinn machen.

Die Autorin ist Gründerin und Geschäftsf­ührerin des Leseförder­programms Librileo gemeinnütz­ig in Berlin.

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