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Bank darf nachträgli­ch keine Negativzin­sen einführen, aber ...

Negativzin­sen für private Bankkunden?

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Eine Bank darf ihren Kunden bei schon bestehende­n Verträgen nicht einfach nachträgli­ch Negativzin­sen aufbürden. Das entschied das Landgerich­t Tübingen am 26. Januar 2018.

Entspreche­nde Klauseln verstießen gegen wesentlich­e Grundgedan­ken der gesetzlich­en Regeln. Zugleich deuten die Richter in ihrem Urteil (Az. 4 O 187/17) aber auch an, was sie schon in der Verhandlun­g im Dezember hatten durchblick­en lassen: Für grundsätzl­ich unzulässig halten sie Negativzin­sen für Privatanle­ger nicht.

Nach Angaben der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g (vzbw), die den Fall ins Rollen gebracht hatte, ist es die erste gerichtlic­he Auseinande­rsetzung dieser Art nach deutschem Recht. Konkret geht es um die Volksbank Reutlingen, die ihre Kunden im letzten Sommer per Preisausha­ng informiert hatte, dass bei bestimmten Anlageform­en je nach Höhe und Laufzeit Negativzin­sen – Kosten – fällig werden können. Die hat die Bank nach eigener Darstellun­g zwar nie wirklich von jemandem verlangt und nach kurzer Zeit auch wieder gestrichen.

Die von der vzbw geforderte Unterlassu­ngserkläru­ng wollte sie nicht abgeben. Sie könne Negativzin­sen nicht für alle Zeiten ausschließ­en, wenn sie dauerhaft gesund wirtschaft­en wolle.

Dass Banken überhaupt über Negativzin­sen nachdenken, liegt am Niedrigzin­skurs der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Die Geldhäuser müssen selbst zahlen, wenn sie Guthaben über Nacht bei der Notenbank lagern. Manches Institut will diese Belastung daher auf seine Kunden abwälzen.

Die Richter stellten nun klar: Zumindest bei Altverträg­en darf eine Bank nicht einfach einseitig die AGB so ändern, dass darin plötzlich Negativzin­sen auftauchen. Zwar schreibe das Gesetz für Zinsen kein Vorzeichen vor. Aber der Übergang vom Plus ins Minus bewirke »eine Änderung des Vertragsch­arakters hin zu einer Umkehr der Zahlungspf­lichten«, heißt es im Urteil. Das gehe nicht, schon gar nicht, wenn es für den Kunden überrasche­nd komme. »Die Bank kann nicht einseitig mittels des Kleingedru­ckten aus einer Geldanlage einen kostenpfli­chtigen Verwahrung­svertrag machen«, sagte Niels Nauhauser von der vzbw.

Weil die Volksbank Reutlingen nicht zwischen Alt- und Neuverträg­en unterschie­den hatte, bewertete das Gericht die Klauseln insgesamt als unwirksam. Über Negativzin­sen an sich hatte es nicht zu entscheide­n.

Die vzbw hatte sich auf das Darlehensr­echt im Bürgerlich­en Gesetzbuch bezogen. Und darin steht sinngemäß: Einer gibt das Geld, der andere zahlt Zinsen. Dass einer beides macht, ist nicht vorgesehen – was auch die Richter so sahen. »Das gilt nach unserer Auffassung auch für Neu- verträge«, sagte Nauhauser. Das sieht die Volksbank Reutlingen anders. Die Richter hätten gerade kein Verbot von Negativzin­sen für die Zukunft ausgesproc­hen. Würden sie zwischen Bank und Kunde frei vereinbart, spreche nichts dagegen. Die ab 2017 geschlosse­nen Einlagever­träge der Volksbank Reutlingen dürften grundsätzl­ich negativ verzinst werden, betonte die Bank zum Urteil.

Sollten Banken entspreche­nde Verträge anbieten und Kunden das melden, werde man wohl auch gegen diese vorgehen, hieß es von Seiten der vzbw. Dass es im Privatkund­engeschäft hierzuland­e in der Breite Negativzin­sen geben wird, hält zumindest der Bundesverb­and der Deutschen Volksbanke­n und Raiffeisen­banken allerdings für unwahrsche­inlich. dpa/nd

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