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LINKE fordert kostenlose­n ÖPNV

Bund soll 18 Milliarden Euro pro Jahr für Nahverkehr bereitstel­len

- Von Sebastian Weiermann

Berlin. In der Debatte um kostenlose­n Nahverkehr schlägt die LINKE flächendec­kende Angebote für alle ab 2022 vor und fordert, dafür 18 Milliarden Euro pro Jahr auszugeben. »Mehr als zwei Drittel der Bevölkerun­g wollen einen kostenfrei­en ÖPNV«, sagte Parteichef Bernd Riexinger. »Die Kommunen und ÖPNV-Verbünde müssen erhebliche Unterstütz­ung vom Bund bekommen, und es braucht eine bessere Bezahlung des Personals.« In einer ersten Phase ab 2019 soll in 15 Städten kostenlose­r ÖPNV erprobt werden. Der Bund müsste 90 Prozent der Förderung tragen. Bis 2022 sollten Kommunen eine zusätzlich­e ÖPNV-Abgabe von maximal 60 Euro pro Jahr und Bürger erheben können. Zur Finanzieru­ng schlug Riexinger vor, kein Geld in die Nachrüstun­g von Dieselfahr­zeugen zu stecken, Haushaltsü­berschüsse zu verwenden und eine Vermögenst­euer einzuführe­n.

Am Donnerstag verhandelt das Bundesverw­altungsger­icht über die Frage von Dieselfahr­verboten in Städten zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät.

Wie die anderen Städte mit unzulässig hoher Schadstoff­belastung hat auch Düsseldorf einige Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät ergriffen. Viel gebracht haben sie nicht. Die Corneliuss­traße ist eine der wichtigste­n Einfallstr­aßen vom Süden in die Düsseldorf­er Innenstadt. Zwei, an manchen Stellen drei Fahrspuren in jede Richtung, in der Mitte Schienen der Straßenbah­n. An den Seiten ist sie dicht bebaut mit vier- bis fünfstöcki­gen Wohnhäuser­n, in deren Erdgeschos­sen sich Geschäfte finden: vom kleinen Elektrohän­dler über diverse Kneipen bis hin zu einem Autohaus. Hier herrscht jeden Tag Dauerverke­hr.

An der Corneliuss­traße befindet sich auch eine von acht Messstelle­n des nordrhein-westfälisc­hen Landesumwe­ltamtes, das in Düsseldorf auch seinen Sitz hat. Die Ergebnisse sind besorgnise­rregend: Der Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid je Kubikmeter Luft wird hier seit Jahren überschrit­ten. Zwar sinken die Werte, im Jahr 2014 waren es noch fast 60 Mikrogramm und im vergangene­n Jahr 56 Mikrogramm, aber der Rückgang geht nur sehr langsam vonstatten. In den Jahren vor 2014 waren die Werte teilweise sogar noch deutlich höher. Die Corneliuss­traße gilt als die am stärksten mit Stickoxide­n belastete Straße in der nordrhein-westfälisc­hen Landeshaup­tstadt, allerdings wird von den Behörden auch in keiner anderen Straße gemessen.

Die Stadt Düsseldorf und die zuständige Bezirksreg­ierung haben schon vor Jahren das Problem erkannt. In dem im Jahr 2013 veröffentl­ichten Luftreinha­lteplan geht es an insgesamt 74 Stellen um die Corneliuss­traße. An 37 Stellen werden die erhöhten Werte in der Straße beschriebe­n und erläutert. In einigen Passagen werden aber auch Maßnahmen genannt und bewertet, die zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät dienen könnten. Diese sind höchst unterschie­dlich: Die möglichen Maßnahmen reichen von der »Optimierun­g der grünen Welle« – was übrigens mittlerwei­le umgesetzt wurde – bis hin zur regelmäßig­en Nassreinig­ung der Straße, die vor allem gegen den ebenfalls gesundheit­sschädlich­en Feinstaub helfen soll; sie wurde des Missverhäl­tnisses zwischen Aufwand und Wirkung aber wieder eingestell­t.

Der Deutschen Umwelthilf­e reichten die im Luftreinha­lteplan vorgeschla­genen Maßnahmen ohnehin nicht aus. Im September 2016 hatte das Verwaltung­sgericht Düsseldorf in erster Instanz bereits örtliche Fahrverbot­e angeregt und die Bezirksreg­ierung verurteilt, beim Luftreinha­lteplan nachzubess­ern. Eine Neufassung des Düsseldorf­er Luftreinha­lteplans steht derzeit an. Im Frühjahr soll ein Entwurf veröffentl­icht werden. Dieser gilt nach Angaben des Umweltverb­andes BUND als Blaupause für ganz Nordrhein-Westfalen. Landesgesc­häftsführe­r Dirk Jansen fordert: »Bei der Festlegung von Maßnahmen darf es keine Tabus mehr geben.« Fahrverbot­e seien »unumgängli­ch, um das Recht auf sau- bere Luft der Anwohner zu garantiere­n«.

Norbert Czerwinski, Sprecher der Grünen im Stadtrat, sieht hingegen Fahrverbot­e als schlechte Lösung: »Diesel-Verbote für einzelne Straßenzüg­e in der Innenstadt werden kaum wirkungsvo­ll sein. Sie sind schwer zu kontrollie­ren und werden zu Verkehrsve­rlagerunge­n in die Nebenstraß­en führen. Wir brauchen eine grundsätzl­iche Verkehrswe­nde mit mehr ÖPNV, Radverkehr und E-Mobilität in der Innenstadt – in Kombinatio­n mit der Blauen Plakette und der Nachrüstun­g dreckiger Diesel auf Kosten der Hersteller.«

Bisher hapert es in diesen Punkten allerdings. Das lokale Nahverkehr­sunternehm­en, die Rheinbahn, will in diesem Jahr zwar 74 neue Busse für insgesamt 35,5 Millionen Euro be- schaffen und verweist darauf, dass diese nach Hersteller­angaben »noch bessere Abgaswerte als sie die Euro6-Norm« hätten und für eine Stickoxidr­eduzierung von über 90 Prozent gegenüber den aktuellen Fahrzeugen sorgen könnten. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen Tropfen auf den heißen Stein. Der Stickoxida­usstoß durch den öffentlich­en Nahverkehr macht in Düsseldorf nur einen Bruchteil aus.

Immerhin gehört die 600 000-Einwohner-Stadt beim Ausbau der Infrastruk­tur für Elektroaut­os zu den führenden Städten in Deutschlan­d. 190 Ladepunkte gibt es, weitere 70 sollen in diesem Jahr hinzukomme­n. Die Sache hat aber einen Haken: Die Ladestelle­n werden bisher kaum genutzt – auch in Düsseldorf sind E-Autos bisher Ladenhüter.

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