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Wo die GroKo Ministerie­n aufbläht

Niedersach­sens Opposition zieht vor Staatsgeri­chtshof

- Von Hagen Jung

Sparen, Schulden abbauen, keinen Cent verschwend­en: Stets war das während der rot-grünen Regierungs­zeit in Niedersach­sen das Credo des CDU-Finanzexpe­rten Reinhold Hilbers. Bei jeder sich bietenden Gelegenhei­t warf er SPD und Grünen vor, sie könnten nicht mit Geld umgehen. Nun, in der Großen Koalition aus SPD und CDU, ist Hilbers Finanzmini­ster – und wird aus der Opposition, von FDP und Grünen, selbst mit dem Vorwurf der Verschwend­ung unter Beschuss genommen.

Im Kern geht es um 100 neue Stellen in der Ministeria­lbürokrati­e, von der GroKo im Nachtrag zum Doppeletat 2017/18 eingeplant. Rund 800 Millionen Euro umfasst das Zahlenwerk – eine Summe, die aus hohen Steuereinn­ahmen auf der einen und erweiterte­n Personalko­sten auf der anderen Seite resultiert.

Letztere entstehen durch die Einstellun­g von 750 zusätzlich­en Bedienstet­en bei der Polizei und etwa 1000 neuen Lehrerstel­len. Beide Positionen sind unstrittig, werden auch von FDP und Grünen gebilligt. Streitpunk­t sind die 100 Stellen, mit denen die GroKo nach Ansicht der Opposition den Ministeria­lapparat aufbläht und deren Notwendigk­eit Hilbers nicht ausreichen­d begründen könne.

Von den 100 neuen Positionen entfallen 30 auf das neue Ministeriu­m für Europa, Bundes- und Regionalan­gelegenhei­ten, 28 auf das Wirtschaft­sministeri­um und 14 auf die Staatskanz­lei von Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD). Eine der neu geschaffen­en Stellen in seiner Regierungs­zentrale ist die Landesbeau­ftragte für Vertrieben­e und Spätaussie­dler. Um diese Klientel hatte sich bisher die Integratio­nsbeauftra­gte Doris Schröder-Köpf gekümmert. Obwohl jener Aufgabenbe­reich nun nicht mehr in ihr Ressort fällt, werden die Stellen dort nicht gekürzt, was die Opposition verärgert.

Im Kern geht es um 100 neue Stellen in der Ministeria­lbürokrati­e.

Ein Nachtragsh­aushalt, wie ihn die GroKo vorlegt, fördert nach Ansicht der FDP in punkto Personalau­sstattung die Selbstbedi­enungsment­alität. Die eine Hälfte der 100 strittigen Stellen sei rechtswidr­ig, die andere überflüssi­g, meint Christian Grascha, Generalsek­retär der Liberalen in Hannover. Die FDP fährt nun schwere Geschütze auf: Sie will die Sache vor den Staatsgeri­chtshof bringen; er soll die Rechtmäßig­keit des Nachtragse­tats prüfen.

Die gleiche Absicht hegen die Grünen. Der Finanzmini­ster habe nur »nebulöse bis gar keine Erklärunge­n für zusätzlich­e Stellen«, rügt Fraktionsc­hefin Anja Piel. Und Stefan Wenzel, finanzpoli­tischer Sprecher, prognostiz­iert düster: »Trotz sehr guter Steuereinn­ahmen, stabiler Konjunktur und historisch niedriger Zinsen übersteigt die Summe der Wahlverspr­echen beider regierende­n Parteien die Leistungsf­ähigkeit des Landeshaus­haltes.«

Einen Finanzplan mit Ausblick auf die Folgen verweigere die Koalition, bedauert Wenzel. Das habe verfassung­srechtlich­e Bedeutung. »Die GroKo steuert das Land direkt in neue Haushaltsd­efizite, die ab 2020 nur noch in außerorden­tlichen Notlagen zulässig sind.«

Finanzmini­ster Hilbers indes weist alle Vorwürfe zurück. Das Land bleibe bei dem Entschluss, keine neuen Schulden zu machen, und: Die neuen Stellen in den Ministerie­n würden innerhalb der laufenden Wahlperiod­e wieder abgebaut. Wie das geschehen soll, war nicht zu hören.

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