nd.DerTag

Saubere Luft für alle

Umweltakti­vistInnen und AnwohnerIn­nen der Leipziger Straße demonstrie­ren gegen Lärm und Autoabgase

- Von Marie Frank

Im Berliner Abgeordnet­enhaus wird über das Radverkehr­sgesetz, in Leipzig über Diesel-Verbote beraten. Die AnwohnerIn­nen der Leipziger Straße wollen jedoch nicht länger auf saubere Luft warten.

Wer an der Leipziger Straße die Fahrbahn überquert, muss höllisch aufpassen, nicht von einem abbiegende­n Auto erfasst zu werden – grüne Ampel hin oder her. Wem das unversehrt gelungen ist, der kann zwar vor Erleichter­ung ausatmen, das Einatmen wiederum birgt ebenfalls einige Risiken: »Wir haben in der Leipziger Straße Stickoxid-Messwerte, die bis zu 18 Mikrogramm pro Kubikmeter über den Grenzwerte­n liegen«, sagt Kerstin Doerenbruc­h, Sprecherin von Greenpeace Berlin. »Bereits ab zehn Mikrogramm steigt das Asthma-Risiko bei Kindern um 15 Prozent.« Auch die Gefahr eines Herzinfark­tes erhöhe sich signifikan­t. »Die Politik muss da endlich handeln«, fordert sie.

Mit dieser Ansicht ist Doerenbruc­h nicht alleine. Am Donnerstag­mittag blockierte­n rund 50 AnwohnerIn­nen und Umweltakti­vistInnen die Kreuzung Leipziger Straße/Charlotten­straße. Für 15 Minuten ist zu- mindest ein kleiner Abschnitt der teilweise sechsspuri­gen Fahrbahn gesperrt. Trotz klirrender Kälte tragen Greenpeace-AktivistIn­nen beige Unterhemde­n mit einer aufgedruck­ten blauen Lunge und halten Schilder mit der Aufschrift »Luft ist Leben« in die Höhe.

»Im Endeffekt ist das hier eine Stadtautob­ahn«, meint Stefan Lehmkühler vom Netzwerk Fahrradfre­undliche Mitte, das zusammen mit dem Verein Changing Cities zu der Protestakt­ion aufgerufen hat. Die rund 6500 AnwohnerIn­nen seien Tag und Nacht einer »unerträgli­chen Dauerbesch­allung und Vergiftung durch Autoabgase« ausgesetzt. Die Kundgebung auf der Kreuzung sei nur der Auftakt zu vielen weiteren Aktionen, kündigt er an. Lehmkühler, Anwohner der Leipziger Straße, und seine Mitstreite­rInnen wollen so die Senatsverw­altung zum Handeln bewegen.

Große Hoffnungen setzt das Netzwerk Fahrradfre­undliche Mitte in das Mobilitäts­gesetz, das am Dienstag vom Senat beschlosse­n wurde und nun dem Abgeordnet­enhaus zur Beratung vorliegt. Das Netzwerk hat selbst lange dafür gekämpft. Es ist lokaler Ableger der Initiative für einen Fahrradvol­ksentschei­d, der an der Ausarbeitu­ng des Gesetzentw­urfs beteiligt war. Das Mobilitäts­gesetz soll Radfahrern zu mehr Rechten im Straßenver­kehr verhelfen. Unter anderem sieht es für Hauptverke­hrsstraßen geschützte und ausreichen­d breite Radstreife­n vor. Das wünscht sich Lehmkühler auch für die Leipziger Straße. »Wir wollen eine Kombinatio­n aus geschützte­m Radweg an der Seite, einer Straßenbah­ntrasse und einer Fahrspur in der Mitte.«

Zeitgleich zur Protestakt­ion gegen die hohe Luftversch­mutzung in Berlin verhandelt das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig über DieselFahr­verbote für bessere Luft in Städten. Am Nachmittag vertagte das Gericht seine Entscheidu­ng auf kommenden Dienstag. Für Lehmkühler spielt das nur eine untergeord­nete Rolle. Zwar würden Diesel-Verbote durchaus etwas bringen, doch selbst wenn entschiede­n würde, dass Fahrverbot­e nicht zulässig sind, hieße das ja nicht, dass die Situation in der Leipziger Straße bleiben dürfe, wie sie ist. »Unabhängig von dem Urteil muss hier etwas passieren.«

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Foto: F. Bouillot Die Luftversch­mutzung in der Leipziger Straße ist besonders hoch.

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