Aufregung um des Herings Kinderstube
Mecklenburg-Vorpommern: Der Streit um die wachsenden Kegelrobbenbestände wird schärfer – und Forderungen nach Bejagung werden lauter
Erst Daten, dann Entscheidungen: Mit einem Forschungsprojekt sollen die Bestandsentwicklung der geschützten Kegelrobbe und das Konfliktpotenzial ermittelt werden. Fischer fordern eine Obergrenze. Die aufgeheizte Diskussion in Mecklenburg-Vorpommern um die streng geschützten Kegelrobben und ihre Auswirkungen auf die Fischerei soll versachlicht werden. Der Fischereiabgabeausschuss des Landes stimmte in dieser Woche einstimmig einem dreijährigen Forschungsprojekt des Instituts für Fisch und Umwelt in Rostock zu, wie eine Sprecherin des Umweltministeriums sagte. Mit dem wissenschaftlichen Beobachtungspro- gramm sollen die Bestandsentwicklung der Kegelrobben in den Küstengewässern des Landes und mögliche Konfliktpotenziale mit Fischern ermittelt werden. Die Kosten für das Projekt in Höhe von rund 70 000 Euro werde das Land übernehmen. Die Ergebnisse sollten als Diskussionsbasis dienen. Das Projekt startet noch in dieser Heringssaison.
Kegelrobben kehren seit etwa 15 Jahren aufgrund des Populationsdrucks in Schweden und Finnland sowie der verbesserten Umweltbedingungen an die deutsche Ostseeküste zurück. Der Bestand wird hier inzwischen auf grob 100 Tiere geschätzt, rund 50 Tiere sollten allein im Greifswalder Bodden leben. In dem Gewässer zwischen Rügen und Usedom, das als »Kinderstube des Herings« gilt, wurden im Herbst 23 Robbenkadaver entdeckt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob die geschützten Tiere möglicherweise ertränkt wurden.
Die Fischer beklagen in den letzten Jahren zunehmend Fraß- und Netzschäden und forderten jüngst eine Obergrenze. Den Verdacht, für den Tod der Robben verantwortlich zu sein, haben sie zurückgewiesen.
Der Landesverband der Kutterund Küstenfischer begrüßte das Forschungsprojekt. Es werde hoffentlich erstmals auf wissenschaftlicher Basis Daten zur Bestandsentwicklung und zu den Schäden liefern, sagte der Vize-Chef des Landesfischereiverbandes, Michael Schütt. Die Fischer würden entstandene Fraßschäden an das Institut melden. »Damit haben wir eine fundierte Datenlage.« Dennoch dürfe mit einem Robben-Managementplan nicht abgewartet werden, bis in drei Jahren die ersten Ergebnisse vorliegen. Schütt bekräftigte Forderungen nach einer Obergrenze für die Kegelrobbe. Dies sei nicht nur im Interesse der Fischer, sondern auch anderer Arten wie den Schweinswalen. Schütt verwies auf Studien, denen zufolge auch Kegelrobben für den Tod von Schweinswalen verantwortlich sein sollen. Die Wissenschaft müsse vor allem die Frage beantworten: Wie viele Robben vertragen die vorpommerschen Küstengewässer, um dort nicht andere Arten zu gefährden.
Der EU-Abgeordnete Werner Kuhn (CDU) erneuerte seine Forderung nach einer Bestandsregulierung des Raubtiers. Die Kegelrobbe habe keine natürlichen Feinde. »Niemand will die Kegelrobben ausrotten. Aber es muss ein vernünftiges Gleichgewicht geben, damit andere Arten und auch die Fischer nicht gefährdet werden«, sagte er. In Schweden und Finnland ist der Abschuss erlaubt, um den Bestand zu regulieren.