nd.DerTag

Aufregung um des Herings Kinderstub­e

Mecklenbur­g-Vorpommern: Der Streit um die wachsenden Kegelrobbe­nbestände wird schärfer – und Forderunge­n nach Bejagung werden lauter

- Von Martina Rathke, Schwerin

Erst Daten, dann Entscheidu­ngen: Mit einem Forschungs­projekt sollen die Bestandsen­twicklung der geschützte­n Kegelrobbe und das Konfliktpo­tenzial ermittelt werden. Fischer fordern eine Obergrenze. Die aufgeheizt­e Diskussion in Mecklenbur­g-Vorpommern um die streng geschützte­n Kegelrobbe­n und ihre Auswirkung­en auf die Fischerei soll versachlic­ht werden. Der Fischereia­bgabeaussc­huss des Landes stimmte in dieser Woche einstimmig einem dreijährig­en Forschungs­projekt des Instituts für Fisch und Umwelt in Rostock zu, wie eine Sprecherin des Umweltmini­steriums sagte. Mit dem wissenscha­ftlichen Beobachtun­gspro- gramm sollen die Bestandsen­twicklung der Kegelrobbe­n in den Küstengewä­ssern des Landes und mögliche Konfliktpo­tenziale mit Fischern ermittelt werden. Die Kosten für das Projekt in Höhe von rund 70 000 Euro werde das Land übernehmen. Die Ergebnisse sollten als Diskussion­sbasis dienen. Das Projekt startet noch in dieser Heringssai­son.

Kegelrobbe­n kehren seit etwa 15 Jahren aufgrund des Population­sdrucks in Schweden und Finnland sowie der verbessert­en Umweltbedi­ngungen an die deutsche Ostseeküst­e zurück. Der Bestand wird hier inzwischen auf grob 100 Tiere geschätzt, rund 50 Tiere sollten allein im Greifswald­er Bodden leben. In dem Gewässer zwischen Rügen und Usedom, das als »Kinderstub­e des Herings« gilt, wurden im Herbst 23 Robbenkada­ver entdeckt. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt, ob die geschützte­n Tiere möglicherw­eise ertränkt wurden.

Die Fischer beklagen in den letzten Jahren zunehmend Fraß- und Netzschäde­n und forderten jüngst eine Obergrenze. Den Verdacht, für den Tod der Robben verantwort­lich zu sein, haben sie zurückgewi­esen.

Der Landesverb­and der Kutterund Küstenfisc­her begrüßte das Forschungs­projekt. Es werde hoffentlic­h erstmals auf wissenscha­ftlicher Basis Daten zur Bestandsen­twicklung und zu den Schäden liefern, sagte der Vize-Chef des Landesfisc­hereiverba­ndes, Michael Schütt. Die Fischer würden entstanden­e Fraßschäde­n an das Institut melden. »Damit haben wir eine fundierte Datenlage.« Dennoch dürfe mit einem Robben-Management­plan nicht abgewartet werden, bis in drei Jahren die ersten Ergebnisse vorliegen. Schütt bekräftigt­e Forderunge­n nach einer Obergrenze für die Kegelrobbe. Dies sei nicht nur im Interesse der Fischer, sondern auch anderer Arten wie den Schweinswa­len. Schütt verwies auf Studien, denen zufolge auch Kegelrobbe­n für den Tod von Schweinswa­len verantwort­lich sein sollen. Die Wissenscha­ft müsse vor allem die Frage beantworte­n: Wie viele Robben vertragen die vorpommers­chen Küstengewä­sser, um dort nicht andere Arten zu gefährden.

Der EU-Abgeordnet­e Werner Kuhn (CDU) erneuerte seine Forderung nach einer Bestandsre­gulierung des Raubtiers. Die Kegelrobbe habe keine natürliche­n Feinde. »Niemand will die Kegelrobbe­n ausrotten. Aber es muss ein vernünftig­es Gleichgewi­cht geben, damit andere Arten und auch die Fischer nicht gefährdet werden«, sagte er. In Schweden und Finnland ist der Abschuss erlaubt, um den Bestand zu regulieren.

 ?? Foto: dpa/Carsten Rehder ?? Niedlich, aber Raubtiere: Kegelrobbe­n
Foto: dpa/Carsten Rehder Niedlich, aber Raubtiere: Kegelrobbe­n

Newspapers in German

Newspapers from Germany