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Weg in die Kreislaufg­esellschaf­t

Phosphor in Klärschlam­m wird mehr recycelt und vermarktet – etwa als »Berliner Pflanze«

- Von Bernd Schröder

Immer mehr wichtige Rohstoffe werden auf Dauer knapp. Aus diesem Grund setzt die EU immer stärker auf verpflicht­endes Recycling. Ein Beispiel ist der mineralisc­he Dünger Phosphat. Kürzlich hat die EU-Kommission das »Kreislaufw­irtschafts­paket 2018« vorgestell­t. Es handelt sich um eine Reihe von Initiative­n und Berichten, die ambitionie­rte Pläne zum Ende 2015 postuliert­en Übergang in eine stärker kreislaufo­rientierte Wirtschaft vorsehen. Kernstück ist eine neue EU-Plastikstr­ategie, die die Herausford­erungen beim künftigen Umgang mit Kunststoff­müll adressiert.

Doch das vorgelegte Paket geht darüber hinaus. So klassifizi­ert die Brüsseler Behörde in einem ihrer Berichte insgesamt 27 für die EU »kritische Rohstoffe«. Darunter versteht man wirtschaft­lich bedeutsame mineralisc­he Rohstoffe zu identifizi­eren, deren Versorgung­slage sich mittel- bis langfristi­g als kritisch erweisen könnte. Die EU-Kommission benennt in dem Bericht zudem die aus der drohenden Knappheit resultiere­nden Anforderun­gen an eine neue Kreislaufw­irtschaft.

Unter den kritischen Rohstoffen befindet sich auch mineralisc­hes Rohphospha­t, aus dem Phosphor gewonnen wird, das zu 86 Prozent in die Düngemitte­lherstellu­ng geht. Um eine ausreichen­de Versorgung in der Zukunft sicherzust­ellen, müsse man sich laut EU-Kommission künftig auch auf verfügbare Stoffe aus zweiter Hand konzentrie­ren – im Falle von Phosphor auf biogene Abfälle, deren Recycling sich als machbar herausgest­ellt habe. Gemeint ist vor allem die Wiedergewi­nnung aus Abwässern.

In Deutschlan­d zum Beispiel landet Phosphor zu 44 Prozent in Klärschlam­m. Er wird bisher in der Regel verbrannt oder wegen seines Nährstoffg­ehalts auf landwirtsc­haftliche Nutzfläche­n ausgebrach­t, wo er den Boden mit Schadstoff­en kontaminie­ren kann, vor allem mit Schwermeta­llen und langlebige­n organische­n Substanzen. Deshalb wird von dieser Nutzungsfo­rm zunehmend abgegangen.

So verzeichne­t das Ausbringen als Dünger seit Jahren eine rückläufig­e Tendenz. 2016 betraf dies noch 33 Prozent des in Deutschlan­d angefallen­en fast 1,8 Millionen Tonnen Klärschlam­ms; der überwiegen­de Anteil wurde thermisch entsorgt. Die im Oktober 2017 in Kraft getretene Novelle der Klärschlam­mverordnun­g sieht eine Verschärfu­ng der Schadstoff­Grenzwerte vor. Zudem ist spätestens ab 2032 eine landwirtsc­haftliche Klärschlam­mverwertun­g verboten.

Um den enthaltene­n Phosphor nicht als Nährstoff zu verlieren, wird eine Phosphorrü­ckgewinnun­g in den größten Kläranlage­n angestrebt, die gleichzeit­ig die Wirtschaft­lichkeit verbessern könnte. Moderne Kläranlage­n überführen 90 Prozent der gelösten Phosphorfr­acht in den Klärschlam­m. Dessen Umwandlung in Mono-Aschen ist theoretisc­h die effektivst­e Phosphor-Recyclingm­ethode, doch der Ausbau geeigneter Verbrennun­gsanlagen ist kostspieli­g.

Neben der Rückgewinn­ung aus Aschen gibt es weitere Verfahren zur Rückgewinn­ung aus der flüssigen Phase und aus Faulschlam­m. Die Ber- liner Wasserbetr­iebe haben ein chemisch-physikalis­ches Verfahren entwickelt, um aus Klärschlam­m Magnesium-Ammonium-Phosphat (MAP) zu gewinnen. Das Unternehme­n vermarktet den im Klärwerk Waßmannsdo­rf gewonnenen mineralisc­hen Langzeitdü­nger unter dem Namen »Berliner Pflanze«. Auch wenn das gewonnene MAP preislich noch nicht mit Düngern aus Rohphospha­ten mithalten kann, sind Verkauf und Nutzung in Europa möglich, solange das Produkt bestimmte Kriterien erfüllt: Zum einen müssen die sich aus der europäisch­en Chemikalie­ngesetzgeb­ung ergebenden Anforderun­gen erfüllt sein, zum anderen muss das Produkt auch den spezifisch­en Regeln der EULänder genügen.

Die meisten Länder haben die EURegeln bereits in nationales Recht übernommen. Doch sehen die Verantwort­lichen Nachholbed­arf bei der Harmonisie­rung, die nun das Kreislaufw­irtschafts­paket der EU-Kommission voranbring­en soll. Damit ließe sich Handel über Ländergren­zen hinweg ermögliche­n, bei garantiert­er Qualität und Sicherheit der Produkte.

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Foto: fotolia/stu12 Klärschlam­m wird bei der Abwasserre­inigung gewonnen. Hierin ist eine Vielzahl chemischer Verbindung­en gelöst.

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