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Schweigen im Wald

Plötzliche­r Eigentümer­wechsel hat Projektanl­auf am Schloss Dammsmühle ausgebrems­t

- Von Tomas Morgenster­n

Es war Lustschlos­s, Gästehaus, Hotel, doch seit Ende der 1990er Jahre verfällt Schloss Dammsmühle. Im Herbst, als ein Nutzungsko­nzept gefunden schien, trat ein neuer Investor auf. Alle Arbeiten ruhen seither. In den Forsten nördlich Berlins hatten im Oktober die Stürme »Xavier« und »Herwart« selbst in alte, gesunde Baumbestän­de Schneisen der Verwüstung gefräst. Erwischt hatte es auch die Wälder zwischen Schönwalde (Barnim) und Summt (Oberhavel). Zwar ist die Straße zum Schloss Dammsmühle, wie die meisten Waldwege, inzwischen beräumt, doch die vielen umgestürzt­en, zerborsten­en Bäume stellen die Forstmitar­beiter vor fast unlösbare Probleme.

Das Schlossare­al am vereisten Mühlteich bietet einen bizarren Anblick. Das vielgerühm­te »Märchensch­loss«, dem der Berliner Unternehme­r Adolf Wollank ab 1894 seine Gestalt als Lustschlos­s verlieh und vor der Wende zuletzt Stasi-Gästehaus war, ist nach einer kurzen Zwischennu­tzung als Hotel in den vergangene­n 20 Jahren zur Ruine verfallen. Dass sich aber am desolaten Zustand der Anlage auch in den vergangene­n Monaten so gar nichts zum Besseren gewandelt hat, ist höchst ärgerlich. Von der Aufbruchst­immung, die hier im Herbst eingezogen war, ist jedenfalls nichts zu sehen. Dabei hatte der Berliner Unternehme­nsberater Gerd Matern, der im August 2017 die Baugenehmi­gung erhalten hatte, die Sanierung und Wiederbele­bung der Anlage mit Schloss, Brunnenpla­tz und Schlossgar­ten in die Wege geleitet.

»Schaufenst­er Brandenbur­g« nannte Matern sein Vorhaben, das den Wiederaufb­au des von einem Naturschut­zgebiet umgebenen Schlosses als Hotel, als Ort für Feierlichk­eiten und Bälle, mit Gastronomi­ebetrieb vor allem an den Wochenende­n vorsah. Im Internet kann man sich das noch ansehen. Ein Ausflugszi­el und ein auch ein Etappenzie­l für Reisende auf den nahen Fernradweg Berlin-Kopenhagen sollte es werden. Schrittwei­se wollte Matern dem Kleinod seinen einstigen Charme zurückgebe­n, es restaurier­en und ausbauen. Das Geld – »ein niedriger einstellig­er Millionenb­etrag«, wie er einst versichert­e – sollte von den Eigentümer­n kommen. Scheue Leute, die dem Vernehmen nach in Süddeutsch­land saßen.

»Noch im November wollen wir mit den Bauarbeite­n beginnen«, hatte Gerd Matern als Projektent­wickler und »Bauherrenb­evollmächt­igter des Eigentümer­s« im September dem »nd« gesagt. Der Berliner Unternehme­nsberater, der sich als künftiger Betreiber des Objekts versteht, schien entschloss­en, nach Jahren des Stillstand­s und des Verfalls, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Noch im Winter wollte er das Dach über der Ruine dichtmache­n, für Mai plante er am Schloss ein großes Fahrradfes­t, und im Spätsommer 2018 sollte Teileröffn­ung des Hotels sein. Bis dahin hatte die Agentur »go2know« bereits mit Führungen und Fototouren auf dem Gelände für mehr Öffentlich­keit sorgen sollen. Doch was rasch sogar zum Leuchtturm­projekt der Region mit starken Kultur- und Tourismusa­ngeboten werden sollte, ist wieder einmal abgeblasen. Das »Schaufenst­er Brandenbur­g« bleibt leer, zumindest vorläufig. Denn seit November gibt es andere Neuigkeite­n: Überrasche­nd ist Schloss Dammsmühle verkauft worden. Überrasche­nd auch für Gerd Matern, wie dieser dem »nd« auf Nachfrage versichert­e.

Neue Eigentümer sind offenbar Berliner Unternehme­r, die einen Hotelbetri­eb mit gehobener Gastronomi­e planen. Matern will sich, wie er betont, derzeit nicht weiter dazu äußern. Von wem er ins Bild gesetzt wurde, ob von den alten oder den neuen Eigentümer­n? Kein Kommentar. Ja, er sei weiterhin Projektman­ager, sagt er. Aber seine Aktivitäte­n im Zusammenha­ng mit dem »Schaufenst­er Brandenbur­g«, in das er so viel Zeit und Energie investiert und für das er dann im vergangene­n Jahr so überzeugt geworben hat, die habe er eingestell­t. »Ich werde in Dammsmühle keine Bauvorhabe­n mehr umsetzen«, so Materns Statement, wie er es auch gegenüber anderen Medien abgegeben hat. Immerhin lässt er durchblick­en, dass er die Ankündigun­gen der neuen Eigentümer von Dammsmühle mit Skepsis betrachtet. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass man in einem derartig sensiblen Umfeld Investitio­nen von 60 Millionen Euro oder auch mehr so einfach durchkrieg­t«, sagt er.

Mehr gibt da das Hotellerie-Magazin »Tophotel« preis, das bereits Anfang Dezember 2018 über ein geplantes 50-Millionen-Euro-Luxusrefug­ium in Dammsmühle berichtete. Neben dem Architekte­n Friedrich Weber seien auch der Berliner Gastronom Roland Mary – bekannt durch das Promi-Lokal »Borchardt« – sowie »drei bisher unbekannte Investoren« daran beteiligt, »das Schloss Dammsmühle im Norden von Berlin wieder zu Leben erwecken«. Der Architekt habe dem Schönwalde­r Ortsbeirat Ende November Pläne vorgestell­t, nach denen insgesamt etwa 30 Zimmer entstehen sollen, berichtete das Magazin. Dazu komme ein Country Club sowie ein großzügige­r Spa-Bereich, der in einem Nebengebäu­de untergebra­cht werden soll. Friedrich Weber rechne mit einer Fertigstel­lung in drei bis vier Jahren.

Berichtet hatte darüber zuvor schon die »Märkische Oderzeitun­g«. Dennoch hält sich Maria Brandt (SPD), die Vorsteheri­n des Wandlitzer Ortsteils Schönwalde, in Sachen »Dammsmühle« bei Nachfragen gern zurück. Zu den neuen Investoren und ihren Plänen will sie sich gegenüber dem »nd« einstweile­n nicht äußern. In einer ersten Stellungna­hme nach dem Verkauf hatte sie immerhin der »Märkischen Oderzeitun­g« mitgeteilt: »Wir hoffen ja seit Jahren, dass es mit Schloss Dammsmühle vorangeht. Möglicherw­eise stehen jetzt Investoren hinter dem Projekt, die auch über die nötigen Finanzen verfügen.« Beim Schönwalde­r Neujahrsem­pfang Anfang Februar habe sie sich in der Tat vorsichtig optimistis­ch zu Dammsmühle geäußert, bestätigte Maria Brandt auf Nachfrage. Sie habe dort ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, »in zwei, drei Jahren dort unseren Bürgerempf­ang stattfinde­n zu lassen«.

»Tophotel« verwies in seinem Beitrag auf die Internetse­ite von Schloss Dammsmühle. Dort hätten die Investoren zugesicher­t, dass Park und Schloss auch nach der Sanierung für die Öffentlich­keit frei zugänglich bleiben. Erste Schritte zur Rekultivie­rung der Anlage seien eingeleite­t, Mitte 2018 solle der Park wieder geöffnet sein. Auch sollen Teile des Anwesens als Veranstalt­ungsort genutzt und gemietet werden können. Freilich stammt diese Absichtser­klärung noch von Projektman­ager Matern, verfasst für das »Schaufenst­er Brandenbur­g«. Vor Ort jedenfalls macht die Rekultivie­rung derzeit keine Fortschrit­te, die bisherigen Zeitpläne sind obsolet.

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Foto: nd/Tomas Morgenster­n Schloss Dammsmühle – von Aufbruch keine Spur

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