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Warnung vor den nackten Zahlen

Studie untersucht Anteil der Zuwanderer an der Kriminalit­ät in Schleswig-Holstein

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Das LKA in Kiel hat im September 2016 das Kriminolog­ische Forschungs­institut Niedersach­sen mit der Untersuchu­ng der Kriminalit­ät durch Zuwanderer beauftragt. Die Ergebnisse wurden nun vorgestell­t. Eine erhöhte Kriminalit­ätsrate durch Zuwanderer ist einer Studie des Kriminolog­ischen Forschungs­instituts Niedersach­sen (KFN) zufolge mehr als nur eine in der Bevölkerun­g »gefühlte« Wahrnehmun­g. Sie lasse sich mit Zahlen von Tatverdäch­tigen unterlegen, die für Schleswig-Holstein erhoben wurden, so die Studie. Entspreche­nde Untersuchu­ngen wurden am Mittwoch in Kiel vorgestell­t.

Die Ermittler der Daten, die vom Landeskrim­inalamt (LKA) SchleswigH­olstein den Auftrag für ihre Expertise erhielten, warnen aber vor vorschnell­en Pauschalis­ierungen anhand nackter Zahlen. Thomas Bliesener und Christoffe­r Glaubitz vom KFN bemühten sich vielmehr, einzelne statistisc­he Befunde mit Erklärungs­mustern in einen Kontext zu stellen, um Vorurteile­n zu begegnen. Bleibepers­pek- tiven und soziale Familienst­rukturen seien zu berücksich­tigen, so die Wissenscha­ftler, ebenso das Alter der Täter, deren häufig geringerer Bildungsst­and sowie fehlende Teilhabe in der Gesellscha­ft.

Eine größere Tätergrupp­e seien zugewander­te junge Männer, die altersbedi­ngt genau wie Deutsche generell mehr Straftaten begehen. Interessan­t ist auch ein Blick auf die Opfer, die durch nichtdeuts­che Täter geschädigt wurden: Auch hier überwiegen Nichtdeuts­che. Das Klischee vermehrter ausländisc­her Täter und meist deutscher Opfer bekommt durch das KFN also keine weitere Nahrung.

Die Rate der Tatverdäch­tigen unter den Nichtdeuts­chen liegt im untersucht­en Zeitraum von 2013 bis 2016 um das 2,0 bis 2,3-fache höher als bei der deutschen Meldebevöl­kerung. Auch nach Bereinigun­g der Altersstru­ktur mit Blick auf junge Männer bleibt die Kriminalit­ätsbelastu­ng der Nichtdeuts­chen laut KFN-Direktor Bliesener um das 1,6 bis 1,8-fache höher als bei den Deutschen. Die Wissenscha­ftler verwiesen bei der Präsentati­on ihrer Ergebnisse jedoch darauf, dass sich allgemein herausgest­ellt habe, dass das Anzeigever­halten von Deutschen gegen Täter nichtdeuts­cher Herkunft ein höheres sei.

Schleswig-Holsteins Innenminis­ter Hans-Joachim Grote (CDU) lobte das vorgelegte Zahlenmate­rial. Es ermögliche der Polizei detaillier­te Herangehen­sweisen und Methoden in der Betrachtun­g sowie im Umgang mit Ausländer- und Zuwanderer­kriminalit­ät. Die Studie soll daher auch fortgesetz­t werden. Für Grote gibt es in Fragen der Zuwanderun­g nach eigenen Worten kein »ob oder ob nicht«, sondern eine möglichst passgenaue Integratio­n. Ein Schlüssel dafür sei zum einen ein schnellere­s Asylrechts­verfahren und anderersei­ts ein Familienna­chzug, der großzügige­r gehandhabt werden sollte, als die designiert­e Gro- ße Koalition es gerade vereinbart hat, formuliert­e Grote noch einmal die Haltung der »Jamaika«-Koalition in Schleswig-Holstein.

Methodisch­e Kritik an der KFNStudie kommt von der FDP. Den Liberalen gefällt nicht, dass das KFN nur Tatverdäch­tige in den Fokus genommen hat. Welche Kriminalit­ätsbelastu­ng durch Zuwanderer tatsächlic­h existiert, werde nur unzureiche­nd beantworte­t. Die Grünen sehen sich hingegen bestätigt, dass Integratio­n die beste Prävention vor Kriminalit­ät sei. Sie plädieren für bessere Zugangsper­spektiven der Zuwanderer in der Gesellscha­ft.

Für die Untersuchu­ng wurde die Kriminalit­ätsbelastu­ng der nichtdeuts­chen Personen bestimmt, die im schleswig-holsteinis­chen Ausländerz­entralregi­ster erfasst sind und dann in Relation zur Gesamtbevö­lkerung gestellt. Peter Fritzsche vom LKA kündigte an, dass die aktuellen Zahlen der polizeilic­hen Kriminalit­ätsstatist­ik in der nächsten Woche vorgestell­t werden. Das Aufkommen durch von Zuwanderer­n verübten Straftaten sei nach einem Höchststan­d 2015 und 2016 nun wieder rückläufig.

Die Grünen sehen sich hingegen bestätigt, dass Integratio­n die beste Prävention vor Kriminalit­ät ist.

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