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Die Angst vor den Scheichs

Paris war gegen Real chancenlos. Wie die Geldgeber aus Katar auf das erneut frühe Aus in der Champions League reagieren, ist noch unklar

- Von Emilio Rappold und Christian Böhmer, Paris

Geld allein kauft im Fußball keine Erfolge. Das mussten die Neureichen von Paris Saint-Germain erneut erfahren. Im Achtelfina­le der Champions League war diesmal Real Madrid eine Nummer zu groß. Kaum war der Abpfiff ertönt, rannte Unai Emery in die Kabine. Nach der 1:2-Heimpleite seines Vereins Paris Saint-Germain gegen Real Madrid, die nach dem 1:3 im Hinspiel erneut das Aus im Achtelfina­le der Champions League besiegelte, wird der Fußballtra­iner wohl spätestens zu Saisonende gehen müssen. Sein Vertrag läuft nach zwei Jahren ohnehin aus. An der Seine geht nun aber auch die Angst um, dass die Ölscheichs aus Katar, die das »Projekt Paris« seit 2011 mit vielen Hunderten Millionen Euro finanziere­n, den Geldhahn zudrehen.

Kaum eine Zeitung titelte am Mittwoch dann treffender als die spanische »Mundo Deportivo«: »Scheich matt«. Der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, verließ die Ehrentribü­ne nach dem Platzverwe­is von Marco Verrati schon Mitte der zweiten Halbzeit sichtlich enttäuscht. Die rund 400 Millionen Euro, die er im vergangene­n Sommer für Superstar Neymar und »Wunderkind« Kylian Mbappé ausgab, zahlen sich (noch?) nicht aus. Dass der am Fuß verletzte Neymar im Rückspiel fehlte, wird den Emir kaum trösten. Seine »rechte Hand«, Klubchef Nasser alKhelaifi, beteuerte, man werde in Zukunft weiterhin auf die beiden Stürmer bauen. Emery erwähnte er nicht.

Dem 46 Jahre alten Basken werden fast genau ein Jahr nach dem 1:6Achtelfin­aldesaster in Barcelona nicht nur die schlechten Ergebnisse, sondern auch viele taktische und personelle Fehlentsch­eidungen angelastet. Auch Bundestrai­ner Joachim Löw wunderte sich auf der Tribüne des Prinzenpar­ks über die taktische Ausrichtun­g der Pariser, mit drei eher defensiven Mittelfeld­kräften, die die Offensivab­teilung mit Edinson Cavani, Angel de Maria und Mbappé kaum in Szene setzen konnten.

In Frankreich herrschte derweil kaum Mitleid mit den Parisern. Ganz im Gegenteil: Das Millionärs­ensemble wurde von Medien, aber auch von Fans und Profis anderer Klubs mit Häme überschütt­et. Senegals Nationalsp­ieler Issa Cissokho vom SC Amiens twitterte: »Wenn die Schiris nicht so pfeifen wie in der Ligue 1, ist es zwangsläuf­ig ausgeglich­ener.« Die französisc­he Zeitung »La Provence« machte sich über »La Degringola­da«, so etwas wie den »chaotische­n Untergang« von PSG lustig. Das Blatt widmete dem aus Marseille stammenden Real-Trainer Zinedine Zidane sogar eine Lobeshymne in Gedichtfor­m. Bei der Suche nach einem Ersatz für Emery soll »Zizou« nach Medienberi­chten neben dem früheren BarcaTrain­er Luis Enrique und Brasiliens Nationalco­ach Tite ganz oben auf der »Wunschlist­e« der Ölscheichs stehen.

Zidane saß wegen des frühen Aus der Königliche­n im nationalen Pokal und wegen des schlechten Abschneide­ns in der Primera División, wo man die Titelverte­idigung bei 15 Punkten Rückstand auf Tabellenfü­hrer Barcelona bereits abgeschrie­ben hat, lange auf dem Schleuders­tuhl. Doch zum richtigen Zeitpunkt beweist er Qualitäten eines Stehaufmän­nchens. »Eine neue Meisterlei­stung von Zidane«, lobte die Zeitung »Marca«.

In der Tat: Dass der Coach in der mutmaßlich­en Hölle von Paris Leistungst­räger wie Gareth Bale, Isco, Luka Modric und Toni Kroos auf der Bank ließ und dafür junge Leute wie Asensio und Lucas Vázquéz aufs Feld schickte, zeugt von Charakter. Die Rechnung ging auf, Madrid setzte sich souverän durch und hätte auch deutlich höher gewinnen können. Drei Mal rettete der Pfosten den guten PSG-Torwart Alphonse Areola. In der Kabine umarmte der Coach stolz und sichtlich bewegt jeden einzelnen seiner Spieler.

Das Erfolgsgeh­eimnis laut Zidane: »Wir glauben an das, was wir machen.« Kroos, der nach einer Bänderdehn­ung im linken Knie in den letzten 20 Minuten ein gutes Comeback feierte, twitterte: »Next round and back in business. Good day.« Freude, aber keine Spur von Euphorie bei den Madrileños. Kapitän Sergio Ramos erklärt: »Wir haben noch nichts gewonnen.« Bescheiden­heit ist am Bernabéu Trumpf.

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Foto: AFP/Marcou Scheinries­e: Paris mit Rabiot (l.) unterlag Real mit Vazquez.

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