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Rückkehr der Oligarchen in Chile

Im Kabinett von Präsident Piñera dominieren Firmenvors­tände und Pinochet-Anhänger

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Am Sonntag tritt in Chile die neue Regierung von Sebastían Piñera ihr Amt an. Mit rechtspopu­listischen Aussagen und dem Verspreche­n wirtschaft­lichen Wachstums wurde er zum zweiten Mal Präsident. Chile folgt einem lateinamer­ikanischen Rechtsruts­ch zugunsten der nationalen Eliten. Die neue Regierung ist Spiegel der chilenisch­en Oberschich­t und muss ihre Interessen gegenüber den sozialen Bewegungen verteidige­n sowie weiten Teilen der Bevölkerun­g das neoliberal­e Modell wieder schmackhaf­t machen. Zahlreiche Kabinettsm­itglieder unterhalte­n enge Verbindung­en zu Firmen und Großkonzer­nen, und Piñera selbst gehört zu den zehn vermögends­ten Unternehme­rn Chiles. Einem Bericht der UNO zufolge konzentrie­ren sich 19,5 Prozent des nationalen Einkommens auf 0,1 Prozent der Bevölkerun­g; wenige Superreich­e beziehen den Großteil des inländisch­en Einkommens. Eine Oligarchie, die in dem Präsidente­n Piñera und seinem Kabinett ihren Ausdruck findet.

Dementspre­chend ist die Agenda der neuen Regierung sehr unternehme­rfreundlic­h, schließlic­h wird sie auf so manchen Posten selbst von Unternehme­rn gestellt. So war der neue Entwicklun­gsminister Alfredo Moreno Vorstandsm­itglied diverser Großkonzer­ne. Bildungsmi­nister Valera ist Vorstandsv­orsitzende­r der millionens­chweren Firma Soprole. Er hatte die Regierung Bachelets dafür kritisiert, Bildung als »soziales Recht und nicht als Konsumgut« zu handhaben.

Zudem waren diverse Regierungs­mitglieder tief in die Militärdik­tatur von Augusto Pinochet verstrickt. So unterstütz­ten der Innen- und der Finanzmini­ster nach dem Ende der Militärher­rschaft die Colonia Dignidad, ein Tatort von unzähligen Missbrauch­sfällen und Folterzent­rum der Diktatur.

Piñera und seine Schergen sind als Vertreter der chilenisch­en Oligarchie an dem Bestand des neoliberal­en Systems interessie­rt, um die aktuellen Machtstruk­turen zu untermauer­n und auszubauen. Opposition­elle Bewegungen sind ihnen ein Störfaktor. Die Forderung des Evolopoli-Abgeordnet­en Molina, vom ILO-Abkommen zum Schutz indigener Völker zurücktret­en, oder Piñeras Absichten, das Antiterror­gesetz anzupassen, überrasche­n daher kaum. Jorge Huichalaf, Präsident der Genossensc­haftlichen Mapuche-Bank Küme Mogen befürchtet, dass Piñera »die Sicherheit­skräfte mehr als zuvor bemächtige­n und das Antiterror­gesetz modifizier­en« wolle, »um die Forderunge­n des Volkes der Mapuche nach Anerkennun­g zu kriminalis­ieren«. Er kritisiert, dass der »chilenisch­e Rechtsstaa­t vor allem der Oligarchie und nicht den Menschen« diene.

Zeichen des neuen wirtschaft­spolitisch­en Windes ist das Minenproje­kt »Minera Dominga«. Aus umwelttech­nischen Gründen wurde es im August 2017 von der Regierung Bachelet abgelehnt. Das Unternehme­n legt Einspruch ein, weshalb für den 14. März ein Treffen mit der Regierung geplant ist, bei dem man sich auf einen Kompromiss einigen will. Umweltschü­tzer und soziale Organisati­onen befürchten, dass Piñera vorhabe, das Projekt nun doch zuzulassen. Er selber war bis 2010 daran beteiligt; sein Wirtschaft­sminister Valente sitzt im Vorstand des Unternehme­ns Penta, das wiederum Haupteigne­r der Mine ist. Beide haben die Betriebsau­fnahme befürworte­t. Die Mine würde mehrere Millionen Tonnen an Eisenkonze­ntrat liefern, die man über einen eigens gebauten Hafen exportiere­n will. Durch den Bau und Betrieb der Anlage wäre die lokale Flora und Fauna sowie der Fischfang bedroht.

Auch bei anderen Themen wie Renten, Bildung oder Frauenrech­te ist eine unternehme­rfreundlic­he und erzkonserv­ative Politik zu befürchten. Allerdings gab es zu den beiden letzten Punkten auch widersprüc­hliche Aussagen der Regierung in den Medien. Sollte sie jedoch tatsächlic­h Errungensc­haften der vergangene­n Jahre wie das Abtreibung­sgesetz oder das kostenlose Studium für die sozialschw­ache Schichten, rückgängig machen wollen, muss sie mit großen Protesten rechnen.

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Foto: AFP/Martin Bernetti Sebastían Piñera (l.) wird im Präsidente­npalast begrüßt.

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