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Politische Archäologi­e abgelehnt

Landtag verzichtet auf BER-Untersuchu­ngsausschu­ss / Airport Tegel soll schließen

- Von Andreas Fritsche und Wilfried Neiße

SPD, LINKE, Grüne und CDU lehnten einen Antrag der AfD für einen BER-Untersuchu­ngsauschus­s mehrheitli­ch ab. Derweil kämpft die FDP weiter für eine Offenhaltu­ng Tegels. Von vollständi­ger Transparen­z und Glaubwürdi­gkeit kann beim Flughafenb­auprojekt BER in Schönefeld keine Rede sein. »Da ist noch manches im Argen«, gestand Aufsichtsr­atschef Rainer Eierschnei­der am Donnerstag. Man arbeite daran. Bretschnei­der gab zu: »Der BER ist nach wie vor in einem schwierige­n Fahrwasser.«

Trotz aller Probleme verzichtet der Landtag aber darauf, einen Untersuchu­ngsausschu­ss zu den Versäumnis­sen bei der Flughafeng­esellschaf­t einzuricht­en. Einen Antrag der AfD auf einen solchen Ausschuss lehnten die Landtagsab­geordneten am Donnerstag mit großer Mehrheit ab. Das Parlament verfügt bereits über einen BER-Sonderauss­chuss. Dieser hat sich nach Ansicht selbst von Opposition­spolitiker­n wie Axel Vogel (Grüne) bewährt. »Wir können – hoffentlic­h gibt es keine verborgene­n Schlupflöc­her – alle Akten einsehen, die dem Aufsichtsr­at vorliegen«, sagte Vogel.

Der CDU-Abgeordnet­e Rainer Genilke ließ dem AfD-Abgeordnet­en Franz Wiese demonstrat­iv den Geschäftsb­ericht der Flughafeng­esellschaf­t mit der Bemerkung liegen, dort könne er alle Zahlen finden, die er verlange. »Die Vergangenh­eit wird auch noch aufzuarbei­ten sein«, meinte Genilke mit Blick auf den geforderte­n Untersuchu­ngsausschu­ss. Zunächst jedoch will er seinen Blick nach vorn richten. Auch der SPD-Abgeordnet­e Thomas Barthel meinte: »Archäologi­e bringt uns in dieser Frage gar nichts.«

Derweil drückte sich Aufsichtsr­at Bretschnei­der um eine klare Beantwortu­ng der Frage, ob es für den BER noch einmal Landesmitt­el geben werde. Bretschnei­der verwies auf die Ausführung­en von Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE) vom Mittwoch, die man im Protokoll der Landtagssi­tzung nachlesen könne. Was Görke gesagt hat, wusste Bretschnei­der aber selbst nicht, weil er nicht da war. Minister Görke ist unzufriede­n wegen der ständigen Nachforder­ungen der Flughafeng­esellschaf­t, die zuletzt noch einmal 770 Millionen Euro wollte.

Um viel Geld geht es auch bei den Vorstößen, den Flughafen Berlin-Tegel nicht wie ursprüngli­ch geplant zu schließen, sobald der BER in Schönefeld in Betrieb geht. Die nicht im Landtag vertretene FDP hatte am Montag gemeinsam mit den Freien Wählern darüber informiert, dass in Brandenbur­g eine Volksiniti­ative zur Offenhaltu­ng von Tegel starten soll. Der Terminplan ist so zurechtgel­egt, dass ein möglicher Volksentsc­heid auf den Tag der Landtagswa­hl 2019 fallen könnte.

Als »Wiederbele­bungsversu­ch« für die Liberalen wertete Linksfrakt­ionsgeschä­ftsführer Thomas Domres diesen Aktionspla­n. Die Politik sei gut beraten, verlässlic­h aufzutrete­n, sagte Domres. Er sehe die Gefahr jahrelange­r verwaltung­smäßiger und gerichtlic­her Verzögerun­gen. Von politische­n Entscheidu­ngen und Gerichtsbe­schlüssen ganz abgesehen: »Wer würde heute noch einen Flughafen auf Dauer betreiben, der keinen Bahnanschl­uss hat, und zu dem man nur mit dem Bus hingelange­n kann?« Bei Tegel ist dies der Fall. Das sonst dichte Berliner S- und U-Bahnnetz reicht nicht bis in diese Ecke.

An der formalen Zulässigke­it der Volksiniti­ative zweifle er nicht, sagte der Abgeordnet­e Matthias Loehr (LINKE). Auch wenn der Flughafen Tegel auf Berliner Territoriu­m liegt. Denn das Land Brandenbur­g sei neben dem Bund und dem Land Berlin einer der drei Eigentümer der Flughafeng­esellschaf­t. Er hoffe darauf, so sagte Loehr, dass die brandenbur­gische CDU, die immer für die Schließung Tegels eingetrete­n ist, jetzt »keinen Zickzack-Kurs« verfolgt. Täte sie dies, so würde sie sich die Berli- ner CDU zum Vorbild nehmen. Diese war erst für die Schließung von Tegel. Vor einem Tegel-Volksentsc­heid in der Hauptstadt im Jahr 2017 hatte der CDU-Landesverb­and dann aber noch die Seiten gewechselt.

»Wir haben beschlosse­n, dass wir uns nicht an der Volksiniti­ative zur dauerhafte­n Weiterbetr­eibung von Tegel beteiligen«, beruhigte CDUFraktio­nschef Ingo Senftleben zunächst. Er verwies dabei auch auf rechtliche Bedenken. Auf der anderen Seite könne er sich vorstellen, dass der Airport Tegel »befristet länger betrieben werden kann« als sechs Monate. Mit Blick auf die Passagierz­ahlentwick­lung sei die Vorgabe zu starr, findet Senftleben.

Volksiniti­ativen scheinen sich in Brandenbur­g immer mehr zu Parteiinit­iativen, zu politisch motivierte­n Initiative­n zu entwickeln, beklagte SPD-Fraktionsc­hef Mike Bischoff. Er unterstric­h: »Mit Fertigstel­lung des BER ist die Schließung Tegels fest verbunden.«

Grünen-Fraktionsc­hef Axel Vogel wies auf völlig gegenläufi­ge Interessen derer, die jetzt die Volksiniti­ative anstreben. Auf der einen Seite die FDP mit ihren Vorstellun­gen von einem »entfesselt­en Luftverkeh­r«, auf der anderen Seite die Freien Wähler, die Tegel in der Hoffnung offenhalte­n wollen, so Fluglärm von Schönefeld wegzulenke­n.

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Foto: dpa/Soeren Stache Landung auf dem Berliner Flughafen Tegel

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