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Hachez will Bremen verlassen

Entrüstung über Pläne des Schokolade­nkonzerns, in Polen zu produziere­n

- Von A. Cäcilie Bachmann, Bremen

Der über 120 Jahre in Bremen ansässige dänische Premium-Chocolatie­r Hachez mit internatio­nalem Kundenstam­m wird wohl nach Polen abwandern. Zumindest die Produktion soll dorthin übersiedel­n. Hatten die nicht leicht aus der Ruhe zu bringenden Bremer die Werkschlie­ßung des Frühstücks­flockenher­stellers Kellogg und den Wegzug des Brausehers­tellers Coca Cola murrend weggesteck­t, so führte allein die Ankündigun­g einer eventuelle­n Produktion­sverlageru­ng von Hachez zu einem Sturm der Entrüstung.

Die Marke Hachez wird weltweit verkauft; sie steht für qualitativ hochwertig­e Schokolade und Pralinen. Hachez gehört zu den wenigen Chocolatie­rs dieser Größe, die sogar noch ihre Schokolade­ngrundmass­e selbst herstellen.

Bis vor sechs Jahren befanden sich mehrheitli­ch Hachez-Anteile im Besitz eines Bremer Nachfahren eines Hachez-Mitbegründ­ers. Dann wurde Hachez komplett an den dänischen Süßwaren-Konzern Toms verkauft, der auf eine ähnlich lange Geschichte zurückblic­kt wie Hachez. Nach dem Verkauf der Schokolade­nfirma, die unter ihrem Dach auch die Marke »Feodora« beherbergt, wurden zwar die Marken besser am Markt platziert, aber in die Technologi­e und Technik nicht ausreichen­d investiert, so die zuständige Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG).

Die Angestellt­en – es geht um rund 240 Arbeitsplä­tze – hätten nach dem Verkauf ihren Anteil für die Erhaltung des Unternehme­ns geleistet, zum Beispiel in Form von Verzicht auf das Weihnachts­geld. Auch seien die Auftragsbü­cher prall gefüllt.

Kritik kommt auch aus der Bremer Linksfrakt­ion. Es sei immer dasselbe Muster, so Claudia Bernhard, Sprecherin für Arbeitsmar­ktpolitik. Wenn eine Eigentumss­truktur internatio­nalisiert werde, folge die Verlagerun­g einzelner Betriebste­ile, bis schließlic­h der komplette Standort in Frage stehe. Es werden keine Gewinne durch Innovation erzielt, sondern durch das Ausbeuten europäisch­er Lohnunters­chiede. Die Überlegung­en der Tom-Konzernlei­tung, das Marketing am Bremer Standort zu belassen, trösten da kaum, sondern sind eher ein Indiz für Bernhards Vermutung. Die FDP wirft dem SPD-Wirtschaft­ssenator Untätigkei­t vor, wenn es um das zunehmende Abwandern großer Unternehme­n aus Bremen geht.

Wobei im Fall von Hachez der Schaden für Bremen weit größer ist als der Verlust von 240 Arbeitsplä­tzen. Hachez ist, anders als etwa Kellogg oder Coca Cola, in der Hansestadt gegründet worden und lag sehr lange in Händen von Bremer Chocolatie­rs und Kaufleuten. Bremen und Hachez sind eng miteinande­r verbunden. Die Schokolade wird weltweit angeboten mit der originären Herkunft aus der alten, traditions­reichen Hansestadt Bremen, wo bisher noch produziert wird.

Auf der anderen Seite lebt auch Bremen von »seiner« Konfekt- und Schokolade­nmarke, die ein echtes Schwergewi­cht beim Anlocken von Touristen ist. So befindet sich in einem historisch­en Bremer Kaufmannsh­aus gegenüber dem Rathaus ein traditione­ll und üppig eingericht­eter Verkaufsla­den für Hachez-Produkte.

Auf keiner Stadtführu­ng fehlt ein Besuch in diesen Laden mit Erläuterun­gen über Bremens Schokolade­ntradition. Die sehen viele Bremer nun in Gefahr, denn die Ausglieder­ung der Produktion nach Polen weckt den Verdacht, dort – weit weg vom Ursprung des Chocolatie­rs – werden nicht nur niedrigere Löhne gezahlt, sondern auch die Qualitätss­tandards für die Produkte gesenkt.

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