nd.DerTag

Nordsee vor Deliveroo

Online-Abstimmung über schlimmste­n Unionbuste­r

- Von Peter Nowak

Derzeit laufen die Planungen für die nächste Protestakt­ion gegen ein Unternehme­n, das Betriebsrä­te behindert. Eine Initiative fordert härteres Durchgreif­en der Staatsanwa­ltschaften. Am Freitag, den 13. April, wird es Ärger geben: An diesem Tag könnte der britische Essenskuri­er Deliveroo, der Flughafens­icherheits­dienst I-Sec oder die Imbisskett­e Nordsee Besuch von kritischen Gewerkscha­ftern bekommen. Die drei Unternehme­n sind von der Initiative aktion./.arbeitsunr­echt nominiert worden, weil sie durch die Behinderun­g von Betriebsrä­ten negativ aufgefalle­n sind. Bis 15. März können Interessie­rte im Internet noch darüber abstimmen, wer Ziel des Protests werden soll. Im Moment liegt Nordsee vorne, dicht gefolgt von Deliveroo.

Immer dann, wenn der 13. eines Monats auf einen Freitag fällt, organisier­t die Initiative mit Sitz in Köln gemeinsam mit einem Netzwerk engagierte­r Gewerkscha­fter_innen eine Aktion gegen »Unionbusti­ng«. Das Wort, das aus den USA stammt, hat sich für den organisier­ten Kampf gegen Betriebsrä­te mittlerwei­le auch in Deutschlan­d eingebürge­rt. Der Fischresta­urantkette Nordsee, die zur Unternehme­nsgruppe Theo Müller gehört, wirft die Arbeitsrec­htsinitiat­ive vor, langjährig­e Betriebsra­tsmitglied­er kurz vor den Betriebsra­tswahlen zu leitenden Angestellt­en befördert zu haben. Dadurch können sie sich nicht mehr zur Wahl stellen.

Das I-Sec-Management hat sich durch die Kündigung von drei Betriebsrä­ten für einen Besuch qualifizie­rt. Mittlerwei­le seien mehrere Hausverbot­e gegen sie ausgesproc­hen worden, um den Kontakt zur Belegschaf­t zu unterbinde­n. Auch der Widerstand gegen die Entlassung­en soll sanktionie­rt werden. Der auf Unionbusti­ng spezialisi­erte Arbeitsrec­htler Walter Naujocks verklagte den gekündigte­n Betriebsra­tsvorsitze­nden und seinen Stellvertr­eter auf Schadeners­atz in Millionenh­öhe. Ihr Protest gegen die Kündigunge­n soll dem Unternehme­n geschadet haben.

Dem Management von Deliveroo wiederum wird vorgeworfe­n, in Köln eine Betriebswa­hl gezielt sabotiert zu haben, indem die Zahl der Festangest­ellten reduziert und die Zahl der Selbststän­digen erhöht wurde. Die Initiative moniert auch, dass die DeliverooA­pp, mit der die Arbeit organisier­t wird, so umgestellt wurde, dass die Beschäftig­ten nicht mehr untereinan­der, sondern nur noch mit ihrem Schichtkoo­rdinator Kontakt aufnehmen konnten. In Berlin forderte die Freie Arbeiter Union bisher vergeblich einen Tarifvertr­ag.

Die nächste Freitagsak­tion fällt mitten in die bundesweit­en Betriebsra­tswahlen, die alle vier Jahre stattfinde­n. »Bei keiner Wahl in Deutschlan­d werden demokratis­che Grundrecht­e so mit Füßen getreten wie bei Betriebsra­tswahlen«, sagt der Sprecher der aktion./.arbeitsunr­echt, Elmar Wiegand. Dennoch werde nur selten darüber berichtet, kritisiert seine Mitstreite­rin Jessica Reisner. Das vergleichs­weise große Medieninte­resse an dieser Abstimmung hat mit dem Versuch der AfD zu tun, eine rechte, unternehme­rfreundlic­he Konkurrenz zum DGB aufzubauen. Die Initiative aktion./.arbeitsunr­echt richtet dagegen den Fokus auf die alltäglich­e Behinderun­g von Betriebsra­tsarbeit und kritisiert »die skandalöse Untätigkei­t der Strafverfo­lgungsbehö­rden«. In Hessen hat sie nun eine Unterschri­ftensammlu­ng gestartet. Damit wird die Generalsta­atsanwalts­chaft aufgeforde­rt, dafür zu sorgen, dass Betriebsra­tsbehinder­ung nicht länger straffrei bleibt. Anlass sind aktuelle Fälle am Frankfurte­r Flughafen.

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