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Der Hamburger SV schmeißt seine Führung raus

Der Niedergang des Bundesliga-Dinos will kein Ende nehmen. Nun müssen Vorstandsc­hef und Sportdirek­tor gehen

- Von Kristof Stühm und Peer Lasse Korff, Hamburg SID/nd

In der größten Krise der Klubgeschi­chte wagt der HSV den Neuanfang: Bernd Hoffmann schmeißt als neuer starker Mann Vorstandsc­hef Heribert Bruchhagen raus. Auch Sportchef Jens Todt muss gehen. Als der gefeuerte Klubchef Heribert Bruchhagen im ersten Stock des Volksparks­tadions gerade begann, sein Büro auszuräume­n, betrat Bernd Hoffmann die große Bühne beim Hamburger SV. Vor rund einem Dutzend Kamerateam­s und etwa 30 Reportern verkaufte der neue starke Mann bei den Hanseaten den Rauswurf von Bruchhagen und Sportchef Jens Todt als alternativ­losen »Neuanfang« in der wohl schlimmste­n Krise der Vereinsges­chichte.

Man sei zu der Auffassung gekommen, einen »Impuls setzen« zu müssen, sagte Hoffmann, der am Mittwochab­end »einstimmig« zum neuen Aufsichtsr­atsboss der HSV Fußball AG bestimmt worden war und danach sofort knallhart durchgriff. Der 55-Jährige setzte Bruchhagen vor die Tür, anschließe­nd informiert­e der bisherige Finanzvors­tand Frank Wettsein Todt über dessen Freistellu­ng. Wettsein übernimmt zunächst die operative Führung der Profiabtei­lung.

Wenige Tage vor dem schwierige­n Auswärtssp­iel bei Bayern München am Sonnabend herrscht damit Chaos in der Vereinsfüh­rung. Die aussichtsl­ose sportliche Lage führt offenbar zu Panikreakt­ionen – in der Hoffnung, doch noch das Wunder Klassenerh­alt in der Fußball-Bundesliga zu schaffen. Bruchhagen reagierte mit Verständni­s auf seine Entlassung. Er übernehme »die Verantwort­ung« für die Krise und wünsche dem Klub alles Gute: »Ich drücke dem HSV weiter die Daumen.«

Trotz des Tohuwabohu beim Tabellenvo­rletzten sieht Hoffmann, der erst vor 18 Tagen zum Präsidente­n des Muttervere­ins gewählt worden war, den HSV »gut aufgestell­t. Hier werden nicht die Räder stillstehe­n.« Die Kaderzusam­menstellun­g werde ein »Gesamtkuns­twerk«.

Obwohl die Planungen – egal für welche Liga – nun intensiv betrieben werden müssen, will sich Hoffmann bei der Suche nach einem neuen Klubchef Zeit lassen. »Wir werden nicht den Fehler der letzten Jahre machen, sofort eine neue Lösung auf einer Position zu präsentier­en«, sagte Hoffmann, der die Hanseaten selbst als Vorstandsv­orsitzende­r von 2003 bis 2011 geführt hatte – in diese Zeit fallen auch die bisher letzten Auftritte in der Champions und der Europa League. Eile sei nicht geboten.

Eine Rückkehr als Klubchef strebe der machtbewus­ste Hoffmann nicht an. »Ich möchte nicht Vorstandsv­orsitzende­r werden, ich möchte die beste Lösung für den HSV«, sagte er und betonte, dass Investor Klaus-Michael Kühne keinen Einfluss auf die Entscheidu­ng genommen habe, Bruchhagen zu entlassen. Wettstein sucht parallel nach einem neuen Sportchef, zuletzt wurden für den Posten Jörg Schmadtke und Hannovers Manager Horst Heldt gehandelt.

»Wir sind voll handlungsf­ähig«, beteuerte Wettstein: »Wir laufen keine Gefahr, dass der HSV auseinande­rfliegt.« Doch genau dies befürchten die Anhänger der einst so stolzen Hanseaten. Der HSV weist seine schwächste Bilanz der Klubgeschi­chte auf und ist seit zwölf Bundesliga­spielen sieglos – diesmal ist der LigaDino nach Jahren des Niedergang­s wohl nicht mehr zu retten. Der Rückstand auf den Relegation­srang beträgt sieben Punkte.

Ob auch der erst vor 45 Tagen engagierte Trainer Bernd Hollerbach seinen Job verliert, ist an diesem denkwürdig­en Donnerstag in Hamburg wahrschein­licher geworden. »Stand heute halte ich einen Trainerwec­hsel für nicht möglich«, sagte Wettstein nur. Schon nach dem Spiel in München kann dies natürlich schon ganz anders aussehen.

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Foto: dpa/Malte Christians Der neue Chef beim Hamburger SV: Bernd Hoffmann

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