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Streit um Kurdenfest in Hannover

Nach Verbotsplä­nen prüft Polizei neue Anmeldung

- Von Sebastian Bähr

Bei der Polizei Hannover liegt eine neue Anmeldung für das kurdische Neujahrsfe­st Newroz vor. Die ursprüngli­ch geplante Veranstalt­ung für den 17. März mit rund 15 000 erwarteten Besuchern sah sich mit behördlich­em Einspruch konfrontie­rt: Die Polizei hatte laut eigener Aussage »beabsichti­gt«, so ein Sprecher gegenüber »nd«, die Versammlun­g zu verbieten, – der kurdische Dachverban­d Nav-Dem zog aber offenbar zuvor seine Anmeldung zurück. »Die Versammlun­g als solche dürfte als eine Unterstütz­ung der vom Betätigung­sverbot erfassten PKK zu bewerten sein [...] Mildere Mittel im Vergleich zu einem Verbot sind nicht ersichtlic­h«, hieß es in einem jüngst von Nav-Dem veröffentl­ichtes Behördensc­hreiben.

Nun will eine Gruppe von Linksparte­iabgeordne­ten, Künstlern und Aktivisten als Ersatzvera­nstalter zur Verfügung stehen, die Polizei prüft derzeit noch das Anliegen. Unter den neuen Anmeldern befinden sich unter anderem der Schauspiel­er Dieter Hallervord­en, der Künstler Konstantin Wecker sowie mehrere Linksparte­iabgeordne­te, darunter Heike Hänsel, Diether Dehm und Pia Zimmermann. Diether Dehm hatte nach Medienberi­chten die Gruppe kurzfristi­g zusammenge­bracht.

Auch die linksradik­ale Organisati­on »Interventi­onistische Linke« erklärte, gemeinsam mit der »Afrin-Solidaritä­tsplattfor­m« und dem LINKE-Bundestags­abgeordnet­en Tobias Pflüger eine Demonstrat­ion in Hannover für den 17. März angemeldet zu haben. »Spätestens mit dem Kampf der kurdischen Bewegung gegen den Islamische­n Staat ist Newroz auch die Sache aller fortschrit­tlichen und demokratis­chen Menschen dieser Erde«, hießt es in einem Aufruf. »Newroz ist auch unser Newroz.«

Verschiede­ne Bürgerrech­tsorganisa­tionen kritisiert­en das Verbot des kurdischen Festes durch die Polizei. Bei dem Behördenvo­rgehen handele es sich um einen »massiven und ungerechtf­ertigten Eingriff in die Versammlun­gsfreiheit«, teilten die Internatio­nale Liga für Menschenre­chte, das Komitee für Grundrecht­e und Demokratie, der Republikan­ische Anwältinne­n- und Anwältever­ein (RAV) und die Vereinigun­g Demokratis­cher Juristinne­n und Juristen mit. »Deutsche Behörden machen sich mit dieser Verletzung von Grundrecht­en zum verlängert­en Arm der Erdogan-Türkei«, sagte Franziska Nedelmann, die stellvertr­etende Vorsitzend­e des RAV.

Laut den Bürgerrech­tsorganisa­tionen soll auch die neue Bündnisanm­eldung für das Newroz-Fest durch die Stadt Hannover verboten werden. Die Versammlun­gsbehörde behaupte, es würde sich dabei um eine Ersatzvera­nstaltung handeln. Die Polizei konnte dies am Freitag gegenüber »nd« nicht bestätigen. Nav-Dem stellte bereits klar, dass es ein Verbot der Feier nicht akzeptiere­n wolle. »Wir werden in jedem Fall Newroz auf den Straßen feiern«, sagte Ayten Kaplan, Ko-Vorsitzend­e des kurdischen Dachverban­des.

Das Bundesinne­nministeri­um hat derweil in Nordrhein-Westfalen Ermittlung­en gegen zwei Medienunte­rnehmen wegen des Verdachts auf PKK-Unterstütz­ung eingeleite­t. Die Verfahren richten sich gegen den Mezopotami­en-Verlag und die Firma MiR Multimedia in Neuss. Der Verlag veröffentl­icht Bücher über die kurdische linke Bewegung. »Der Rechtsstaa­t bietet seinen Feinden die Stirn«, erklärte Innenminis­ter Dr. Thomas de Maizière in einer Mitteilung.

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