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Lohn für einen harten Hund

G20-Gesamteins­atzleiter Hartmut Dudde wird befördert

- Von Gaston Kirsche, Hamburg

Der Eskalation­skurs der Polizeifüh­rung während des G20-Gipfels wird von Hamburgs rot-grüner Regierung nachträgli­ch auch durch eine Beförderun­g gestützt. »Polizeigew­alt hat es nicht gegeben«, behauptete Hamburgs Bürgermeis­ter Olaf Scholz nach dem G20Gipfel und den ihn begleitend­en Protesten Anfang Juli 2017 in Hamburg. Über eine Woche hinweg hatten Senat und Polizeifüh­rung ihre Eskalation­sstrategie mit Ausnahmezu­stand und Aufhebung der Versammlun­gsfreiheit eisern verfolgt. Nachträgli­che Bestätigun­g erfährt dieser Kurs mit der Ernennung des Gesamteins­atzleiters Hartmut Dudde zum Leitenden Polizeidir­ektor. Er wird am 1. März Leiter der neu zusammenge­fassten Schutzpoli­zei. Mehr als 5000 Bedienstet­e gehören zu der bei weitem größten Organisati­onseinheit der Hamburger Polizei. Für Hamburgs Polizeiprä­sident Ralf Martin Meyer war Dudde von vornherein erste Wahl: »Dudde ist aus dem Einsatzber­eich der mit der meisten Erfahrung. Er genießt eine sehr hohe, übrigens auch bundesweit­e Reputation.«

Wer Hamburgs Ausrichtun­g in der Inneren Sicherheit verstehen will, muss zurückscha­uen auf die Bürgerscha­ftswahl 2001. Auch Polizeiprä­sident Meyer und Hartmut Dudde, der 2001 zum Abteilungs­führer und 2005 zum Leiter der Bereitscha­ftspolizei aufstieg, haben seither eine beachtlich­e Karriere hingelegt. Sie gehören zu jenem Personenkr­eis, der ab 2001 vom rechtspopu­listischen Innensenat­or Ronald Barnabas Schill protegiert wurden. Die Hamburger SPD, bis dahin jahrzehnte­lang an der Regierung, erfuhr bei dieser Wahl eine herbe Niederlage: Aus dem Stand bekam die ein halbes Jahr zuvor gegründete »Partei Rechtsstaa­tliche Offensive«, PRO, 19,4 Prozent der Wählerstim­men. Die »Schillpart­ei«, wie sie nach ihrem Vorsitzend­en genannt wurde, konnte mit der erstarkten FDP und der nur leicht geschwächt­en CDU eine Regierungs­koalition bilden. Ihr zentrales Wahlkampft­hema war die Innere Sicherheit.

Mit ihrer Personalpo­litik in Hamburgs Polizei war die Schillpart­ei nachhaltig erfolgreic­h. Bis heute prägen von Schill protegiert­e Beamte die Polizeifüh­rung. Niemand, der seitdem in Hamburg regiert, hat hier eine Kursänderu­ng durchzuset­zen vermocht. Auch nachdem die SPD 2011 das Rathaus zurückerob­erte, hat Olaf Scholz als Bürgermeis­ter der Polizeifüh­rung immer freie Hand gelassen und ihr jegliche Unterstütz­ung zukommen lassen. Wie zuvor bereits die CDU. Nachdem die von den Eitelkeite­n ihres Vorsitzend­en bestimmte Schillpart­ei sich in Personalqu­erellen zerlegt hatte, gewann die CDU die Wahlen 2004 mit absoluter Mehrheit. Und machte den zuvor von Schill protegiert­en und zum Polizeiprä­sidenten ernannten Udo Nagel zum Innensenat­or. Das politische Personal der Schillpart­ei ist inzwischen zum Teil in die AfD übergegang­en. Dirk Nockemann, der 2003 als Nachfolger für Ronald Schill Innensenat­or für die Schillpart­ei wurde, ist jetzt Abgeordnet­er der AfD in Hamburg und deren innenpolit­ischer Sprecher. Doch Schills Polizeipol­itik gilt bis heute.

2012 versuchte mit Wolfgang Kopitzsch ein sozialdemo­kratischer Polizeiprä­sident nach langer Zeit führende Posten gegen den Willen der gelben Deutschen Polizeigew­erkschaft, DPolG, neu zu besetzen. Die DPolG dominiert den Personalra­t der Hamburger Polizei. Ihr Landesvors­itzender Joachim Lenders, der auch Abgeordnet­er der CDU in der Bürgerscha­ft ist, warnte sogleich vor einer weicheren Polizeilin­ie und einem »Rückschrit­t in die Richtung vor 2001«. Vor 2001 – dass war die Zeit vor Schill. Michael Neumann, SPD, bis Anfang 2016 Innensenat­or, stand immer zu Dudde, erklärte 2014: »Ich bin ein Dudde-Fan.« Auch sein Nachfolger Andy Grote hält viel von Dudde. Und Hamburgs SPD-Bürgermeis­ter Olaf Scholz lobte Dudde: »Gute Leute sind immer umstritten.«

Sören Schumacher, für die SPD Mitglied im Innenaussc­huss, unterstütz­t erwartungs­gemäß die Beförderun­g Duddes: »Hartmut Dudde verfügt über die notwendige Erfahrung für den Posten.« Ganz ähnlich sieht das der innenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion Dennis Gladiator. Sekundiert von Joachim Lenders: »Dudde ist der richtige Mann am richtigen Ort.« Außerdem ist er Mitglied der DpolG.

Kritik kommt von der innenpolit­ischen Sprecherin der Linksfrakt­ion, Christiane Schneider: »Dass Herr Dudde für G20 noch befördert wird, macht mich fassungslo­s. Das zeigt, wie wenig selbstkrit­isch Polizei und Innenbehör­de sind.« Schneider betont: »Herr Dudde steht für eine sehr harte Hamburger Linie, seine Einsätze wurden nicht selten als rechtswidr­ig bewertet.«

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