Proteste gegen Regierung in der Slowakei
Bratislava. Zehntausende Slowaken haben am Freitagabend in Bratislava und mehreren anderen Städten des In- und Auslandes gegen ihre Regierung und »für eine anständige Slowakei« demonstriert. Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie »Die Slowakei soll kein Mafiastaat werden« und skandierten gegen den sozialdemokratischen Regierungschef Robert Fico »Wir haben genug von Fico!« und »Zurücktreten« oder »Schande!«. Aufgerufen hatten parteilose Aktivisten; Politiker waren als Redner ausdrücklich unerwünscht. Die Organisatoren in Bratislava sprachen von der größten Demonstration in der Slowakei seit 1989. Am Nachmittag zeigte sich eine Delegation des EU-Parlaments, die am Donnerstag und Freitag die Slowakei besuchte, tief betroffen von der politischen Krise des Landes nach der Ermordung des Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten. »Wir haben ein zutiefst gespaltenes Land vorgefunden, das nahezu traumatisiert ist«, so die Co-Leiterin der Delegation, Ingeborg Gräßle (CDU), die auch Vorsitzende des EU-Haushaltskontrollausschusses ist. Der EUKommission wolle sie empfehlen, Agrarförderprogramme nochmals zu überprüfen. Kuciak hatte über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert. Danach soll das kriminelle Netzwerk auch durch den Missbrauch von EU-Geldern reich geworden sein. Zweifel äußerte Gräßle daran, dass der sozialdemokratische Innenminister Robert Kalinak noch richtig in seinem Amt sei, da auch er selbst mit einem Korruptionsverdacht belastet sei.