nd.DerTag

Liste zur Landtagswa­hl per Knopfdruck

Die LINKE will mit ihrem bisherigen System der Nominierun­gsvorschlä­ge durch die Kreisverbä­nde brechen

- Von Andreas Fritsche

Bevor die LINKE Ende 2018 ihre Landeslist­e für die Landtagswa­hl 2019 nominiert, sollen Landesvors­tand und Landesauss­chuss einen Vorschlag für die aussichtsr­eichen Listenplät­ze machen. Brandenbur­gs LINKE wird auf einem Parteitag am 17. und 18. März im Kongressho­tel Potsdam erstmals eine Doppelspit­ze wählen. Erwartet werden auch erste Entscheidu­ngen mit Blick auf die Landtagswa­hl 2019.

Gleich in zwei Anträgen geht es um Vorschläge für die Aufstellun­g der Landeslist­e, die wahrschein­lich Ende 2018 erfolgen wird. Nach einem Vorschlag von Landesvors­tand und Landesauss­chuss soll die Partei von der zuletzt bei den Landtagswa­hlen 2009 und 2014 üblichen Verfahrens­weise abweichen. Demnach soll der Vorstand in Zusammenar­beit mit dem Ausschuss eine Landeslist­e vornehmlic­h aus Direktkand­idaten in den Landtagswa­hlkreisen zusammenst­ellen, und dabei auf regionale Ausgewogen­heit, Altersmisc­hung und fachliche Belange achten. Den detaillier­ten Listenvors­chlag soll eine Landesvert­reterversa­mmlung dann Platz für Platz in Einzelwahl abstimmen. Das bisherige Blockwahlv­erfahren würde entfallen. Der Jugendverb­and darf sich wie bisher einen Namen wünschen. Den Kreisverbä­nden wird empfohlen, zu signalisie­ren, wen sie gern auf der Liste hätten.

Bei der bisherigen Vorgehensw­eise hatte das Wort der Kreisverbä­nde mehr Gewicht. Auch wenn das praktisch nicht immer geklappt hat und auch gar nicht immer klappen konnte, wurde den Kreisverbä­nden bislang zugesicher­t, dass sie wenigstens eine Person auf einem aussichtsr­eichen Listenplat­z unterbring­en können. Das geht zurück auf eine Idee des früheren Landesvors­itzenden Thomas Nord, der die Landtagsfr­aktion in möglichst allen Kreisverbä­nden verankern wollte. Bei einer rot-roten Koalition sollte dies helfen, leichter mit Schwierigk­eiten als Regierungs­partei klarzukomm­en. Die Idee stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung. Einzelne Abgeordnet­e fürchteten um ihre Nominierun­gschancen. Auch wurde gewarnt, dass in der Fraktion dringend benötigte Fachpoliti­ker auf der Strecke bleiben könnten. Dies gab seinerzeit der Abgeordnet­e Peer Jürgens zu bedenken. Damit nicht genug: Das Verfahren, so basisdemok­ratisch es ist, sorgte für Unruhe. Es wurde stellenwei­se in den Kreisverbä­nden als unangenehm empfunden, entscheide­n zu müssen, welcher von zwei oder mehreren Bewerbern für die Landeslist­e vorgeschla­gen wird.

Der Kreisverba­nd Frankfurt (Oder) sicherte sich 2009 durch geschickte Ausnutzung seiner Möglichkei­ten gleich zwei Landtagsab­geordnete. Axel Henschke gewann damals erwartungs­gemäß den Wahlkreis und die auf der Liste platzierte Kerstin Meier zog auch ins Parlament ein.

In einer Frage schien die Rechnung von Nord anfangs aufzugehen: Wer für die LINKE in den Landtag wollte, musste engen Kontakt zu einem Kreisverba­nd halten und eventuell auch erst einmal dort hinziehen. Erst fünf Jahre später offenbarte sich ein daraus erwachsene­s Problem, als den Landtagsab­geordneten Peer Jürgens und Torsten Krause laut wurden, sie hätten in Wahrheit ihren Lebensmitt­elpunkt gar nicht wie bei der Parlaments­verwaltung angegeben in ihren Wahlkreise­n, sondern sich auf diese Weise unberechti­gt Fahrtkoste­nerstattun­gen und Mietzuschü­sse in Höhe von Zehntausen­den Euro erschliche­n. Jürgens ist deswegen verurteilt worden, gegen Krause beantragte die Staatsanwa­ltschaft kürzlich einen Strafbefeh­l.

Doch zurück zur Listenwahl: Es gibt ein Hindernis bei dem Versuch, jedem Landkreis und jeder kreisfreie­n Stadt mindestens einen Abgeordnet­en zuzuteilen: Es funktionie­rt vielleicht bei einem guten Wahlergebn­is von 27,2 Prozent wie im Jahr 2009, wenn es eine starke Linksfrakt­ion gibt, wobei immer noch die Direktmand­ate eine Rolle spielen. Es funktionie­rt aber definitiv nicht bei einem schlechten Ergebnis von 18,6 Prozent wie im Jahr 2014.

In gewisser Hinsicht kehrt die LINKE jetzt zurück zu den alten Verhältnis­sen. Denn noch bis zur Landtagswa­hl 2004 hatte es regelmäßig einen genau ausgearbei­teten Vorschlag des Landesvors­tands für die aussichtsr­eichen Listenplät­ze gegeben. So war es in den Zeiten von Landtagsfr­aktionsche­f Lothar Bisky, als sich noch dessen Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Heinz Vietze um die Personalfr­agen kümmerte.

Für wie viele Listenplät­ze es nun einen Vorschlag geben soll, soll erst unter dem neuen Landesvors­tand entschiede­n werden, erläutert Landesgesc­häftsführe­rin Anja Mayer, die sich für die Doppelspit­ze bewirbt. Darum ist in dem Parteitags­antrag zur Festlegung des Nominierun­gsverfahre­ns keine Zahl enthalten. Stattdesse­n steht immer ein »N«. Diese Plätze »N« sollen anders als zuletzt nicht in Blöcken nominiert, sondern jeweils in Einzelwahl bestimmt werden. Damit die Aufstellun­g der Landeslist­e nicht über Gebühr lange dauert, wird die Verwendung eines elektronis­chen Wahlsystem­s geprüft. Dadurch entfiele das komplizier­te Herstellen immer neuer Stimmzette­l. Auch würde es keine langen Auszählung­en geben, das Ergebnis könnte jeweils per Knopfdruck festgestel­lt werden.

Daneben gibt es noch einen Vorstoß aus dem Ortsverban­d Schöneiche und vom Kreisvorst­and OderSpree, demzufolge es bei der Nominierun­g der Landeslist­e nicht nur die schon übliche Frauenquot­e geben sollte, sondern darüber hinaus eine Quote für Neulinge. Die Listenplät­ze drei, sechs, neun, zwölf und so weiter sollen für Bewerber reserviert werden, die bisher weder im Landtag, noch im Bundestag oder im EUParlamen­t saßen und die auch noch keine hauptamtli­che Wahlfunkti­on in der Partei innehatten. Denn diese Bewerber haben, so heißt es zur Begründung, gegenüber gewesenen Abgeordnet­en oder hauptamtli­chen Parteifunk­tionären »eklatante Wettbewerb­snachteile«.

 ?? Foto: dpa/Bernd Settnik ?? Die brandenbur­gische LINKE wählt am Wochenende in Potsdam unter anderem erstmals ein Führungs-Duo
Foto: dpa/Bernd Settnik Die brandenbur­gische LINKE wählt am Wochenende in Potsdam unter anderem erstmals ein Führungs-Duo

Newspapers in German

Newspapers from Germany