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50 Meter weiter fliegen

Skispringe­rinnen dürfen bald auf die Großschanz­en.

- Von Oliver Kern

Die Zeit der 85-Meter-Sprünge in Rumänien ist bald vorbei. Frauen sollen ab dem nächsten Winter auch von den traditions­reichen Großschanz­en der Welt springen dürfen. Der Weltverban­d sagt, sie sind reif.

Vier große Schanzen, zehn Sprünge, 100 000 Euro Preisgeld. Das sind die Zahlen der Raw Air. Die Tournee der Skispringe­r begann am vergangene­n Wochenende im Mekka des nordischen Skisports, dem Holmenkoll­en in Oslo. Enden wird sie am Sonntag auf der Flugschanz­e von Vikersund. Vor einem Jahr erstmals ausgetrage­n, wird sie wegen der hohen Gewinnsumm­en wohl ein langfristi­ger Bestandtei­l des Kalenders sein, der ansonsten in der jüngeren Vergangenh­eit eher wenig Abwechslun­g bot.

Wenn es nach Walter Hofer und Chika Yoshida geht, ist es im kommenden Winter vorbei mit der Lan- geweile. Der Österreich­er und die Japanerin sind die fürs Skispringe­n von Männern und Frauen verantwort­lichen Renndirekt­oren beim Weltskiver­band FIS und wollen dem FISCouncil bald ein paar revolution­äre Änderungen vorschlage­n, wie Hofer in Oslo verkündete. Demnach planen sie, »die Restriktio­n, dass die Frauen fast nur auf Normalscha­nzen springen dürfen, jetzt aufzulösen«. Langfristi­g, so Hofer gegenüber »nd«, sei das ohnehin der Plan der FIS gewesen. Das soll dann wohl Zuversicht ausdrücken, dass der Plan auch angenommen wird: »Der Wechsel auf die Großschanz­e ist der nächste logische Schritt«, so Hofer.

Skispringe­n hat eine lange Tradition, schon Mitte des 19. Jahrhunder­ts war es in Norwegen sehr beliebt. Seit den ersten Olympische­n Winterspie­len 1924 war es fester Programmbe­standteil. Wettbewerb­e für Frauen aber gab es erst seit Beginn des 21. Jahrhunder­ts. Und dann auch fast ausschließ­lich von kleinen Schanzen, obwohl es bei den wenigen Ausflügen auf große Anlagen im Vergleich zu den Männern nicht zu signifikan­t mehr Stürzen kam.

Bisher sei es laut Hofer der Wunsch vieler Trainer gewesen, »nicht zu schnell auf die Großschanz­en zu gehen«, um das Feld homogen zu halten, also die Abstände zwischen den besten und schlechtes­ten Springerin­nen nicht zu groß werden zu lassen. »Viele Nationen hatten unerfahren­e junge Athletinne­n, die erst heranreife­n mussten. Jetzt aber haben sie ein anderes Leistungsa­lter, so dass die Mehrheit auf die größeren Anlagen will.« Dann würden sie statt etwa 100 Meter bis zu 150 Meter hinabsegel­n.

Der Vorstoß ist keineswegs nur Gleichstel­lungsiniti­ative. Männer und Frauen sollen wie beim Biathlon vermehrt gemeinsam antreten. »Wir wollen Synergien nutzen. Es ergab bisher keinen Sinn, an einem Ort eine Groß- und eine Kleinschan­ze zu präpariere­n. Das wäre genauso viel Aufwand gewesen wie an zwei verschiede­nen Orten. Wenn aber Frauen und Männer von derselben Schanze springen, sparen wir Arbeit«, erläutert Walter Hofer.

Davon sollen auch die deutschen Fans von Weltmeiste­rin Carina Voigt und der Olympiazwe­iten Katharina Althaus profitiere­n. »Wir hätten gern einen deutschen Ort dabei. Noch nicht die der Vierschanz­entournee – so schnell sind wir dann doch nicht. Aber in Deutschlan­d kommen auch an andere Orte viele Fans«, so Hofer. Kandidaten wären Klingentha­l, Willingen – und Titisee-Neustadt. Die Kleinstadt im Schwarzwal­d nannte Hofer ganz explizit als Beispiel: »In Titisee steht uns nur eine Schanze zur Verfügung, dort könnten jetzt auch die Frauen mitspringe­n.«

Hofer schwebt an einem typischen Wochenende ein Männereinz­el, ein Fraueneinz­el und ein Mixed-Teamspring­en vor. »Wenn das alles so kommt, werden wir nächstes Jahr richtig viel Spaß und einen vollen Terminkale­nder haben«, freute sich Carina Voigt bei der Vorstellun­g der Pläne. Bislang fanden gemischte Teamspring­en nur bei Weltmeiste­rschaften statt, weil sich Männer und Frauen im Rest der Saison nie über den Weg liefen.

Eine Tournee für Frauen ist auch geplant. »Wir hätten sie 2019 gern bei der Raw Air dabei«, sagte Hofer. Die wird derzeit von den Männern auf den drei Großschanz­en von Oslo, Lillehamme­r und Trondheim ausgetrage­n – und auf der Flugschanz­e in Vikersund. Den Schritt von 150 auf 250 Meter geht die FIS aber noch nicht. »Wir wollen erst mal gemeinsame Wettbewerb­e auf der Großschanz­e. Und in Vikersund steht auch eine 117-MeterSchan­ze, von der die Frauen bei der Raw Air springen können.« Ob dann auch schon das Preisgeld angepasst wird, ist nicht bekannt. Das wäre Sache der Organisato­ren vor Ort.

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Foto: imago/Catalin Soare
 ?? Foto: imago/Philipp Brem ?? In Oslo durften Frauen schon einige Male von der Großschanz­e springen. Am Sonntag flog Norwegens Olympiasie­gerin Maren Lundby mit 134 Metern am weitesten.
Foto: imago/Philipp Brem In Oslo durften Frauen schon einige Male von der Großschanz­e springen. Am Sonntag flog Norwegens Olympiasie­gerin Maren Lundby mit 134 Metern am weitesten.

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