nd.DerTag

Müller folgt auf Müller

- Roland Bunzenthal über den CSU-Überlebens­künstler

Es gibt Bewegung im Berliner Ämter-Roulette. Horst Seehofer (CSUpermini­ster) hat sich selbst zum Interniste­n der neuen Regierung gekürt. Zuständig ist er für den Dreiklang aus Infrastruk­turausbau, Heimatpfle­ge und innerer Sicherheit. Tatsächlic­h gebührt jedoch der Titel CSUpermini­ster einem anderen – dem alten und neuen Entwicklun­gsminister Gerd Müller. Abgesehen von der Unionskoll­egin Ursula von der Leyen verteidigt­e nur er erfolgreic­h seine bisherige Kabinettsf­unktion und bleibt oberster humanitäre­r Helfer der Armen und Entrechtet­en.

Nimmt man nur einmal die zu Beschützen­den in den wichtigste­n zwölf Flüchtling­sherkunfts­ländern, ist die Zielgruppe Müllers zehnmal so groß wie die Seehofers. Während dieser für 82 Millionen hierzuland­e lebende Menschen mit und ohne Heimat zuständig ist, kann Müller auf rund 800 Millionen betroffene, potenziell heimatlose Opfer von Krieg und Unterdrück­ung blicken. Auch für sie ist ebenfalls ein Aufgabenpa­ket aus Infrastruk­tur, Heimatpfle­ge und innerer Sicherheit vonnöten. Nur verfügt Müller über ungleich weniger Mittel.

Wenigstens in der Außendarst­ellung kann Bundesentw­ickler Müller auf die Mitarbeit des Kollegen zurückgrei­fen: Um, wie häufig versproche­n, das UN-Ziel von 0,7 Prozent der Wirtschaft­sleistung für die Notleidend­en im Süden zu erreichen, kann Müller jetzt für seine Erfolgssta­tistik auf die Ausgaben der Bundesregi­erung für Geflüchtet­e in Deutschlan­d zurückgrei­fen und damit das Soll an geleistete­r Entwicklun­gshilfe locker erreichen.

Zu den Erfolgsfak­toren Müllers gehört auch seine intime Kenntnis der in Bayern üblichen Stammesrit­uale im politische­n Überlebens­kampf. Als katholisch­er Schwabe hat er die langjährig­e Dominanz der für den Ämterpropo­rz der CSU bislang erforderli­chen evangelisc­hen Franken erstmals durchbroch­en.

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